Das gesellschaftliche Leben in der Stadt Celle wurde lange Zeit von den im Schloss residierenden welfischen Fürsten bestimmt. Auch nach dem Verlust der fürstlichen Residenz im Jahre 1705 und dem Beginn der Personalunion zwischen Hannover und Großbritannien im Jahre 1714 blieb die Bindung der Bewohner der Stadt an das „angestammte Fürstenhaus“ bestehen. Häufige Besuche von Mitgliedern der welfischen Herrscherfamilie in Celle verstärkten diese Beziehungen.
Napoleonischen Kriege treffen Kurfürstentum Hannover
Nicht zu übersehen waren aber auch die Schwächen des Landes: Das Kurfürstentum Hannover verfügte nur über begrenzte Machtmittel zum Schutz und zur Verteidigung seines Territoriums gegen Angriffe von außen. Durch die Personalunion mit Großbritannien war es in seiner staatlichen Entwicklung von den politischen Entscheidungen in London abhängig, ohne dass der britische König zugleich die Sicherheit des Kurfürstentums in kriegerischen Auseinandersetzungen mit anderen Mächten gewährleisten konnte. Dies wurde insbesondere in der Zeit der napoleonischen Kriege im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert deutlich, als Hannover wiederholt Schauplatz militärischer Konflikte wurde und als von fremden Truppen erobertes und besetztes Land unter erheblichen Belastungen zu leiden hatte. Unter diesen Bedingungen befand sich der Kurstaat stets in einer unsicheren Lage.
Niederlage der Franzosen gefeiert
In dieser historischen Phase konnte sich Großbritannien jedoch trotz der gegen das Land verhängten Kontinentalsperre als ein von Napoleon nicht zu besiegender Gegner behaupten. Deshalb herrschte im Kurfürstentum Hannover großer Jubel, als die Bevölkerung nach den in der Zeit der französischen Vorherrschaft in Deutschland erlittenen Unterdrückungen von der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig (Oktober 1813) erfuhr und die Menschen nun, befreit von der Fremdherrschaft, wieder als Untertanen des „angestammten Herrscherhauses“ der Welfen in Frieden leben konnten.
Celler sind treue Untertanen der Welfen
Einen Beweis ihrer Anhänglichkeit und Untertanentreue konnten auch die Bürger der Stadt Celle bereits kurz nach dem Ende des Befreiungskriegs gegen Napoleon erbringen. Als Herzog Ernst August von Cumberland auf seiner Durchreise nach Hannover am 4. November 1813 auch durch Celle kam, begrüßte ihn die Bevölkerung freudig. 1
Bedeutsam waren für Celle im weiteren Verlauf der Personalunion zwischen Hannover und Großbritannien auch Veränderungen, die sich in den 1830er Jahren im Königreich Hannover vollzogen. So wurde die Stadt, nachdem 1831 Herzog Adolph Friedrich von Cambridge, der Bruder des britischen Königs Wilhelm IV. (1765 bis 1837), in Hannover als Vizekönig seinen Wohnsitz genommen hatte, als zweite Residenzstadt des Königreichs Hannover eingestuft. Dazu erläutert Clemens Cassel: „Es waren geschichtliche, gesellschaftliche und kulturelle Zustände, auf die sich das Volk dabei stützte, obwohl das Allerstädtchen an Bevölkerungszahl bereits von vielen anderen Orten übertroffen wurde. Nur durch die 1705 erfolgte Angliederung der Lüneburgischen Lande an Calenberg war Hannover zu dem geworden, was es 1814 war, nämlich Königsresidenz [...]. Residenz dieses angegliederten, wertvolleren Landesteiles war Celle mit seinem verlassenen Herzogschlosse gewesen, das noch immer der Strahlenkranz der Erinnerung an die glänzenden Tage des Herzogs Georg Wilhelm und der stillen Dulderin, der dänischen Königin Karoline Mathilde, umschwebte.“ 2
Wechsel an der Spitze des welfischen Doppelkönigtums
Für die weitere Entwicklung des hannoverschen Staates wurde dann eine andere staatspolitische Veränderung entscheidend. Ursache dafür war ein Wechsel an der Spitze des welfischen Doppelkönigtums im Jahre 1837. Als am 20. Juni König Wilhelm IV. in London ohne erbberechtigte Nachkommen starb und nun Königin Victoria (1819 bis 1901) in direkter Erbfolge den britischen Thron bestieg, wurde in Hannover aufgrund einer anderen Thronfolgeregelung Ernst August, Herzog von Cumberland (1771 bis 1851), ein jüngerer Bruder Wilhelms und Onkel Victorias, der neue Monarch. Nach dem in Hannover geltenden Recht hätte die weibliche Erbfolge erst nach Erlöschen des Mannesstammes in beiden Linien des welfischen Hauses eintreten können. Aufgrund dieser unterschiedlichen Thronfolgeregelung endete 1837 die seit 1714 bestehende britisch-hannoversche Personalunion.
Personalunion endet
Der neue König von Hannover hatte sich den Ruf eines erzkonservativen Standesvertreters erworben, der ohne Rücksicht auf die Meinung und Wünsche der Untertanen eigene Interessen und Ziele verfolgte. Als Herzog von Cumberland gehörte er seit 1799 dem britischen Oberhaus an. Dort hatte er sich als „Hochtory“ profiliert, liberale Reformen stets abgelehnt und heftig bekämpft und sich allen Versuchen, die angestammten Rechte des Monarchen anzutasten, entschieden widersetzt. In Hannover blickte man deshalb, vor allem in liberalen Kreisen, mit Sorge auf den Regierungsantritt des neuen Herrschers.
Streit um Staatsgrundgesetz von 1833
Dass diese Befürchtungen nicht unbegründet waren, sollte sich bald nach der Ankunft des Königs in der neuen Residenz zeigen. Den Weg der Reformen wollte er nicht beschreiten. Dem Staatsgrundgesetz von 1833 hatte Ernst August schon bei der Unterzeichnung widersprochen. Da er bereits zu jenem Zeitpunkt davon ausgehen konnte, nach dem Tode Wilhelms IV. als neuer Herrscher auf den Welfenthron in Hannover zu gelangen, erschien es ihm unerlässlich, in die Beratung über den Entwurf einbezogen zu werden. „Dies geschah jedoch nur höchst unzulänglich. Man legte ihm lediglich ein Konzept zur Begutachtung vor, nicht aber die dem Entwurf gegenüber stark veränderte endgültige Fassung, der er deshalb auch seine Zustimmung verweigerte.“ 3
König Ernst August veranlasst Umbauten in der Stadt Celle
Besondere Aufmerksamkeit ließ auch König Ernst August der Stadt Celle zukommen. In der Zeit seiner Regentschaft, in der er fast jedes Jahr für einige Tage im Celler Schloss wohnte, wurden verschiedene bauliche Veränderungen vorgenommen. Dazu zählten die Vergrößerung des Speisesaals im Südflügel des Gebäudes, der Einbau der nördlichen Einfahrt sowie die Errichtung eines Treppenhauses im Hof und eines Flurgangs daneben.