Gewinner in der Krise: Riesige Vermögen entstehen
Während somit auf der einen Seite riesige Vermögen angesammelt wurden, verarmten auf der anderen Seite im Verlauf dieser Inflation breite Schichten der Bevölkerung, darunter große Teile des Mittelstandes. Hierbei handelte es sich zudem um gesellschaftliche Gruppen, die vor dem Krieg in Deutschland eine bedeutende soziale und politische Rolle gespielt hatten.
Spätestens im Herbst 1923 war die völlige Zerrüttung der Währung offenkundig. Die Verwirrung über das Geschehen in der Wirtschaft verlangte nach einer raschen Lösung der Probleme. Die Währungsreform war zu einer existenziellen Frage für das gesellschaftliche Zusammenleben geworden.
Neue Regierung der Großen Koalition in Weimarer Republik
Am 12. August 1923 war die Regierung Cuno zurückgetreten. Eine neue Regierung der Großen Koalition (aus SPD, Deutscher Demokratischer Partei, Zentrum und Deutscher Volkspartei) unter Leitung Gustav Stresemanns wurde gebildet. Am 26. September 1923 erklärten Reichspräsident und Reichsregierung den Abbruch des passiven Widerstands.
Am 13. Oktober 1923 beschloss der Reichstag nun mit Zweidrittelmehrheit ein Ermächtigungsgesetz, das der Regierung erlaubte, ohne parlamentarische Mitwirkung Gesetze im Bereich der Wirtschaft zu erlassen. Am 16. Oktober dieses Jahres wurde von der Regierung der Großen Koalition unter Reichskanzler Gustav Stresemann aufgrund dieses Gesetzes durch eine Regierungsverordnung neben der weiterhin bestehenden Reichsbank eine zweite Notenbank unter dem Namen Deutsche Rentenbank errichtet, die ab 15. November 1923 als neues Zahlungsmittel die Rentenmark (= 1 Billion Papiermark) herausgab.
Zweite Notenbank führt Rentenmark ein
Da das Reich bei der Durchführung dieser Währungsreform nicht über genügend Goldvorräte zur Absicherung verfügte, wurde industrieller und landwirtschaftlicher Grundbesitz in die stabilisierenden Maßnahmen einbezogen und Grundbesitz sowie Handel, Banken und Industrie mit einer Hypothek von 3,2 Milliarden Rentenmark belastet. Die Forderungen der Rentenbank an Landwirtschaft und Industrie dienten als Deckung für die Rentenbankscheine, die die Rentenbank bis zu einem Betrag von 2,4 Milliarden Rentenmark ausgeben durfte. Obwohl es sich hierbei nicht um ein gesetzliches Zahlungsmittel handelte, mussten die Rentenmarknoten überall im Zahlungsverkehr in gleicher Weise anerkannt und angenommen werden.
12 Billionen Mark für einen Dollar
Von diesem Höchstbetrag von 2,4 Milliarden Rentenbanknoten floss die eine Hälfte über die Reichsbank als Darlehen an die Reichsregierung, und die andere Hälfte war für die Ausgabe von Krediten an die Wirtschaft bestimmt. Am 15. November 1923 wurde mit der Ausgabe der Rentenmark begonnen. Der damalige Direktor der Darmstädter und Nationalbank, Hjalmar Schacht, kennzeichnete die Situation in jenen Tagen so: „Die Reichsbank konnte nicht umhin zunächst noch einige Tage die Steigerung [des Dollars] mitzumachen. Am 20. November 1923 erreichte der Dollar den offiziellen Kurs von 4,2 Billionen Mark für einen Dollar. [...] Der offizielle Kurs an der Börse blieb also 4,2 Billionen, während am schwarzen Markt im Laufe der letzten Novemberwoche der Dollar bis auf 12 Billionen Mark stieg. In jenen Novemberwochen befand sich Deutschland in der merkwürdigen Situation, sozusagen drei verschiedene Währungen nebeneinander zu haben, die Papiermark, die Rentenmark und theoretisch gesprochen die alte Goldmark, die durch die Reichsbank praktisch wiedereinzuführen mein Ziel war.“2
Deutsche Wirtschaft erlebt Wiederbelebung
Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg dieser Maßnahmen war die Frage, ob und inwieweit die Bevölkerung nach den schlimmen Erfahrungen der vorangegangenen Monate von der Stabilität der neuen Währung überzeugt war. Diese Erwartung erfüllte sich, weil es tatsächlich gelang, dieses Vorhaben konsequent durchzuführen.