Ich gehöre einer Generation an, die das Schlangestehen gar nicht mehr kennt. Sich in eine Menschenkette einzureihen, ist in Zeiten von Express-Kassen, Online-Shopping und Öffnungszeiten bis 22 Uhr doch eher selten geworden.
Basar für Kinderkleidung: Massen warten auf Einlass
Doch als ich kürzlich diese Traube von Menschen sah, die sich zwei Häuserecken vom Eingang entfernt die Beine in den Bauch stand, war ich mehr als überrascht. Zehn Minuten nach Öffnung des Kinderkleidungsbasars war schon kein Durchkommen mehr. Wir fuhren weiter. Meine Geduld, mich bei ekligem Nieselregen in diese Kaufwilligen-Schlange einzureihen, war sehr gering.
„Zu-verschenken-Gruppe“ boomen auf Whatsapp
Was lobe ich mir da die sozialen Medien und Messengerdienste. Günstig, bequem und nachhaltig Produkte ergattern – keinen Stress, ohne große Diskussion um Preise, Abholungen oder dubiose andere Angebote (Ebay-Kleinanzeigen-Kunden wissen, was ich meine). Das kann nur gut werden. Also rein in die digitale „Zu-verschenken-Gruppe“.
Angebot nach drei Sekunden vergeben
Ping, die erste Nachricht, ping, ping: Im Sekundentakt trudelten neue Nachrichten ein. Nach drei Minuten und etlichen Mitteilungen in der Gruppe hatte ich bereits das Gefühl, mein Handy wird heiser. Genervt stellte ich den Ton aus. Eine Stunde später kippte ich bald hinten über: 162 ungelesene Nachrichten – nur in dieser Gruppe. Und ich war absolut chancenlos. Denn nach dem Windhund-Prinzip hatte ich mit meiner verzögerten Reaktionszeit – die nicht wie bei den anderen Mitgliedern bei drei Sekunden lag – keine Aussichten auf den großen Gewinn. Da war selbst der Zuschlag für die angebrochene Wundschutzcreme schon an einen anderen Interessenten gegangen.