Es regnet, Johanne Gerlach hat die Kapuze ihrer Regenjacke ins Gesicht gezogen. „Wollen wir uns erstmal reinsetzen?“, fragt die Grünen-Politikerin. Im Restaurant gegenüber ist es trocken, sie bestellt Cappuccino und stilles Wasser.
Nach Referendariat in Hermannsburg geblieben
1987 wurde sie in Nordhausen in Thüringen geboren. Nach dem Abitur studierte sie Germanistik und Geschichte auf Lehramt. Nach dem zweiten Staatsexamen blieb sie an ihrer Ausbildungsschule, dem Christian-Gymnasium in Hermannsburg. Der Ort wurde auch privat zum Lebensmittelpunkt, sie wohnt mit ihrem Mann und den zwei kleinen Töchtern hier.
Sitz im Gemeinde-Rat Startschuss für politisches Engagement
2021 wurde sie in den Rat der Gemeinde Südheide gewählt. Mit der Landtagskandidatur trat sie auch ihr Amt als Beisitzende des Kreisvorstands der Grünen an. „Ich bin von Haus aus Lehrerin, daher ist Bildung ein absolutes Herzensthema“, sagt die 35-Jährige. „Von Kleinkindern bis hin zur Aus- und Weiterbildung läuft einfach so viel verquer. Wir spüren ja überall die Konsequenzen. Wir haben keine Fachkräfte mehr, dadurch ist es für das Handwerk unheimlich schwierig. Die Landwirtschaft fühlt sich nicht gewürdigt, weil sie sagen, dass wir in den Schulen zu wenig dafür tun“, so Gerlach. „Da gebe ich ihnen in bestimmten Bereichen Recht. Man braucht nur mal in die Mensen zu gucken, die Kartoffel aus Ägypten ist gang und gäbe, dabei haben wir den Bauern nebenan“, erläutert die Landtagskandidatin.
Digitalisierung konsequent zu Ende führen
Ansätze müssten konsequent zu Ende geführt werden. Wie die Digitalisierung, von flächendeckender Glasfaser im Landkreis bis hin zu Schulen. Praxisbeispiel gefällig? „Den Stundenplan bekommen wir aufs Handy, um ihn abrufen zu können, muss ich es aus dem Fenster halten“, berichtet die Lehrerin.
Bildung als ein zentrales Thema
„Ich bin keine grüne Ideologin. Ich habe in der Coronazeit gesehen, dass für die Kinder und für die Familien ganz wenig gemacht wird“, kritisiert Gerlach. Während die Lehrerin die Notbetreuung digital übernahm, hatten ihre eigenen Kinder keine. „Wir konnten es irgendwie organisieren, aber ganz viele sind hinten runtergefallen, in allen Bereichen.“ Kita-Betreuungsplätze, Erziehermangel, Lehrkräftemangel, viele Baustellen, die es anzugehen gilt. Das war der Initiator, sich politisch zu engagieren. „Erst mit der Wahl in den Rat ging es so richtig los“, sagt sie.
Offenes Ohr für Belange der Landwirte
So richtig loslegen im Wahlkampf. Ein offenes Ohr für alle am Wahlkampfstand, na klar. Aber auch hingehen zu den Wählern. Zum Beispiel zu den Celler Landwirten, die sich nicht gehört fühlen. „Ich bin über die Äcker gekrochen.“
Schwere Zeit gemeistert und noch mehr Wertschätzung für Pflege
Auch Inklusion und Pflege sind ihr wichtig. „Ich saß mal gelähmt im Rollstuhl und musste das Laufen wieder lernen“, sagt Gerlach. 2014 erkrankte sie an Guillain-Barré-Syndrom (GBS), einer Nervenkrankheit. Hände und Beine waren gelähmt. Im AKH Celle wurde sie behandelt. „Ich war Gott sei dank ganz früh da, weil ich mal über die Krankheit gelesen habe. Sie haben mich ganz, ganz toll betreut.“ Die Therapie sei hart, aber erfolgreich gewesen und schärfte den Blick für die Arbeit der Pflege. „Ich ziehe so meinen Hut davor.“