"Das ist eben Bau"

Amtsgericht Celle kann Hermannsburger Baustellen-Rätsel nicht komplett lösen

Ob ein vermeintlicher "freie Mitarbeiter" wirklich auf einer Baustelle im Nordkreis tätig war, konnte das Amtsgericht Celle auch am zweiten Verhandlungstag nicht klären. Der Angeklagte aus Hermannsburg muss derweil zahlen.

  • Von Marius Klingemann
  • 19. Mai 2023 | 19:00 Uhr
  • 19. Mai 2023
Urteil gefallen: Am Amtsgericht Celle wurde ein Bauunternehmer aus Hermannsburg zur Zahlung von 40 Tagessätzen à 70 Euro verurteilt.
  • Von Marius Klingemann
  • 19. Mai 2023 | 19:00 Uhr
  • 19. Mai 2023
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Hermannsburg.

Die Aussage, dies und jenes sei "nicht mehr genau" bekannt, gab es am Celler Amtsgericht am Mittwoch häufiger zu hören. Im Mittelpunkt des Interesses stand dabei ein albanischer Staatsbürger, der sich schon länger nicht mehr in Deutschland aufhalten, im Jahr 2021 aber für einige Zeit als Maler auf einer Baustelle im Nordkreis gearbeitet haben soll – und das "bar auf die Kralle". Wegen der Sozialversicherungsbeiträge, die in diesem Zuge ausgeblieben sein sollen, saß ein Bauunternehmer aus Hermannsburg nun auf der Anklagebank.

Der vermeintliche Chef, der auf eigene Wortbeiträge erneut weitestgehend verzichtete, hatte seinen Verteidiger bereits am ersten Verhandlungstag mitteilen lassen, von einem "freien Mitarbeiter" nichts zu wissen. Auf eben jenen fiel laut Staatsanwaltschaft der Großteil der zusammen rund 2350 Euro, die von April bis einschließlich Oktober 2021 an der Krankenkasse vorbeigegangen sein sollen. Ebenfalls betroffen: ein Bauhelfer, den der Hermannsburger unter Mindestlohn bezahlt haben soll.

"Da sind mal mehr, mal weniger Leute unterwegs"

Dieser Helfer sagte, unterstützt von einem Polnisch-Dolmetscher, als Zeuge aus, im fraglichen Zeitraum seines Wissens der einzige Beschäftigte des Unternehmens gewesen zu sein. Inzwischen ist auch er dort nicht mehr tätig. Erinnern konnte er sich jedoch noch daran, im Sommer 2021 als einer von drei Autoinsassen bei einer Verkehrskontrolle der Polizei dabei gewesen zu sein.

Mit an Bord war demnach der Neffe des Unternehmers sowie der ominöse "Kollege". "Ich kannte ihn nicht wirklich, auf der Baustelle habe ich ihn auch nie wahrgenommen", so der Zeuge. Andererseits sei es "eben Bau" gewesen: "Da sind mal mehr, mal weniger Leute unterwegs."

Lehrling über Polizei-Befragung: "Unter Druck gesetzt"

Der erwähnte Neffe des Angeklagten – damals noch als Aushilfe, heute als Lehrling bei seinem Onkel beschäftigt – hatte zuvor berichtet, er habe den Dritten keineswegs von der Arbeit, sondern "aus einer Pizzeria in Bergen" gekannt. Am Tag der Kontrolle habe dieser ihn und den Bauhelfer dann in einem Supermarkt in Soltau angesprochen: "Er hat gefragt, ob wir ihn nach Hause mitnehmen können."

Beim Zusammentreffen der Polizei sei schließlich herausgekommen, dass der Albaner keine Arbeitsgenehmigung besaß. Die Aussage des Mannes, er bekomme vom Hermannsburger Bauunternehmer monatlich 1000 Euro auf die Hand, habe er gegenüber den Beamten bestätigt, so der Lehrling. Wider (angeblich) besseren Wissens: "Ich war im Stress und habe mich in dem Moment unter Druck gesetzt gefühlt."

"Freier Mitarbeiter" bleibt unbekannt, Unternehmer muss zahlen

Einer der Polizisten, die damals dabei waren, sagte nun, er könne sich nicht mehr daran erinnern, wie die Vor-Ort-Gespräche abgelaufen seien. Wegen der unklaren Gemengelage verständigten sich Verteidiger und Staatsanwältin letztlich darauf, die Vorwürfe gegen den Angeklagten hinsichtlich des "freien Mitarbeiters" fallen zu lassen.

Somit blieben, wegen Unterschreitung des Mindestlohns für den Bauhelfer, knapp 100 Euro an Krankenkassenbeiträgen offen. Diesen Vorwurf räumte der Hermannsburger ein. Richter Marc Kranen verurteilte ihn zur Zahlung von 40 Tagessätzen in Höhe von je 70 Euro.