Vorsätzlicher Mord, nicht plötzlicher Kinderhass
Die Fragen nach dem Motiv der Tat sowie nach dem Grad der Verantwortlichkeit des Täters standen im Mittelpunkt der Urteilsbegründung, die von Landgerichtsdirektor Erich Flügel mit großem Ernst bis ins kleinste erläutert wurde. Bei der Tat des jungen Mannes handelte es sich einwandfrei um Mord, denn er habe vorsätzlich gehandelt, um einen Mitwisser, - der ihm lästig werden konnte - zu beseitigen. Und die Einlassung des Täters, er habe plötzlich „einen Haß auf kleine Kinder verspürt“, sei schon deshalb unglaubwürdig, weil er von sämtlichen Zeugen als ausgesprochen kinderlieb geschildert wurde.
Kind erwürgt, um Einbruch zu vertuschen
Vielmehr müsse sich der Vorgang — und nach der Überzeugung der Kammer könne es gar nicht anders gewesen sein — etwa wie folgt abgespielt haben: der Angeklagte ist bei seinem Einbruch in das Kinderzimmer gekommen, hat (wie vorher schon im Wohnzimmer) das Licht eingeschaltet, den Schrank geöffnet und durchwühlt. Durch Licht und Geräusch wurde die kleine Birgitt wach und hat den ihr fremden Mann, „mit großen Augen angestarrt“, wie der Angeklagte selbst gesagt hat. Um sie am Schreien zu hindern und aus Furcht, sie könne ihn später verraten, habe der Angeklagte dann das Verbrechen begangen. Also vorsätzlicher Mord, „zielstrebig“ durchgeführt mit dem Motiv: Furcht vor der Entdeckung!
Täter wird medizinisch beurteilt
Eine zweite Frage, vor die sich die Jugendkammer gestellt sah, war die Frage, ob der Angeklagte als „Heranwachsender“, also nach Erwachsenenstrafrecht, zu behandeln sei oder ob auf ihn noch die Bestimmungen des Jugendstrafrechts in Anwendung gebracht werden müssen oder können, da er bei Ausübung der Tat erst 19 Jahre alt war. In Übereinstimmung mit der Beurteilung der medizinischen Sachverständigen stufte die Jugendkammer den Angeklagten als Heranwachsenden“ ein, denn er sei überdurchschnittlich intelligent, seinen Altersgenossen geistig weit überlegen und habe sich und habe sich auf seinem beruflichen Lebensweg als sehr zielstrebig und konsequent erwiesen; von einer (erblich bedingten) Geistesschwäche könne keine Rege sein, obwohl der Angeklagte gewisse pathologische Züge zeige.
Blutprobe deutet auf "leichten Rausch"
Und schließlich die Frage nach dem Grad der Verantwortlichkeit. Der Angeklagte sei keineswegs volltrunken gewesen, noch habe er sich in einer Art „pathologischem Rausch“ befunden. Denn die Blutprobe, so hieß es in der Begründung, wies — zurückgerechnet auf den Zeitpunkt der Tat — auf 1,32 bis höchstens 1,83 Promille. Da der Angeklagte sich bei dem medizinischen Test als „alkoholverträglich“ erwiesen habe, könne man also bei ihm nur von einem „leichten Rausch“ sprechen. Daher könne bei der strafrechtlichen Würdigung der Tat höchstens die Bestimmung des Paragraphen 51, Absatz 2 (verminderte Zurechnungsfähigkeit) in Anwendung gebracht werden. Die Jugendkammer billigte dem Angeklagten diese Einschränkung zu und erkannte auf das o. a. Urteil.
Drei Frauen mit Griff an Hals attackiert
Drei weiblichen Personen ist M. in der Nacht zum 24. August begegnet und dreimal griff
er in merkwürdiger Übereinstimmung nach ihrem Hals: bei dem Vorfall in der Damentoilette nach dem Hals eines jungen Mädchens, als er handgreiflich werden wollte, bei dem versuchten Einbruch nach dem Hals einer jungen Frau, die ihn überraschte, bei dem vollendeten Einbruch nach dem Hals eines Kindes, das ihn beobachtete. Der dritte „Griff nach dem Hals“ wurde zum Mord.