Schöne Welt der Künstlichen Intelligenz: Pflege-Roboter gegen Pflegenotstand, individuelle Lernprogramme gegen Lehrermangel – warum sollen nicht Computer predigen, wenn auch in der Kirche Pastorennachwuchs knapp wird? Bibelstelle eingeben, dazu „Predigt“ – nach 23 Sekunden war sie fertig, dank Chatbot „ChatGPT“. Gar nicht so schlecht, was Künstliche Intelligenz auswirft: Das Evangelium noch einmal in einen Satz gefasst mit erstem Deutungsangebot, sodann Information über die damalige Situation zur Zeit Jesu. Zuletzt ein Appell, wie man ihn sich klassisch vorstellt für eine runde Predigt: „So lasst uns nun bereit sein, Jesus zu folgen und uns von ihm verändern zu lassen. Amen.“ Von bestechender Kürze. Verständliche Sätze. Höchstens etwas zu vorhersehbar. Richtig, aber langweilig. Vielleicht, weil das Persönliche fehlt?
Einblick ins Innere ihres Glaubens
Gar nicht langweilig fanden die 13-Jährigen es, als in ihren Konfirmanden-Kleingruppen je zwei Gemeindeglieder zu Gast waren, um eine persönliche Antwort auf Fragen nach dem Glauben zu geben. Zum Beispiel: „Wer ist Gott für Sie?“ Oder: „Wie haben Sie in Ihrem Leben eigentlich Gott gefunden?“ Und: „Zweifeln Sie manchmal?“ Auch: „Wie wirkt sich Ihr Glaube auf Ihr Leben aus?“ Cool fanden sie, dass sich erwachsene Mitchristen nicht scheuten, ihnen Einblick ins Innere ihres Glaubens anzuvertrauen. Auch wenn da zwischendurch mal ein Ringen nach Worten war. Aber es war echt. Selbst erlebt und dadurch real. Glaube braucht Körper. Glaube braucht ein Du. Ausstrahlung, die spüren lässt: Du stehst nicht allein! Ist es das, was unsere Informationsgesellschaft unterschätzt, wenn sie glaubt, mit Information sei alles gelöst? Ist es das, weshalb Jesus seine Jünger als Zeugen aussandte, um Menschen zu begegnen, anstatt ihnen Verteilschriften für Briefkästen in die Hand zu drücken?
Ersatz hat einen Haken
Sie wird zweifellos noch perfektioniert werden, die Künstliche Intelligenz („KI“). Wenn Gott doch schon durch eine herumliegende Bibel Glauben wecken konnte – warum nicht auch durch ChatGPT? Einen Haken hat der Ersatz von christlichem Personal freilich, ob beruflich oder einfach nur getauft, durch KI: Die Botschaft des Evangeliums lautet, dass Gottes Liebe uns sehnsüchtiger sucht als wir ihn. Und dass jeder, ob er es weiß oder nicht, den weiten Weg Jesu in die Abgründe unserer Wirklichkeit wert ist.
Künstliche Intelligenz reicht nicht
Und dass deshalb Fröhliche jemanden verdienen, an dem sie erleben, wie Gott sich mitfreut. Und Trauernde, wie Gott mit ihnen weint (Paulus an die Römer, Kapitel 12, Vers 15). Doch dafür reicht künstliche Intelligenz allein nicht. Dafür bleiben weiterhin Zeuginnen und Zeugen dringend gesucht.