Sie sind abstrakt und sie präsentieren sich in ganzer Farbfülle − und doch findet jeder aufmerksame Betrachter Deutung und Transfer darin − stets ganz individuell: Die Bilder von Ruth Schimmelpfeng-Schütte haben das Zeug dazu, Geschichten zu erzählen.
Die Werke verlocken dazu, sich hineinzudenken und die eigene Fantasie spielen zu lassen. Die Einladung zum spielerischen Entdecken gelingt der Künstlerin vor allem durch den mutigen Einsatz von Farbe. Keine Überraschung also, dass sie ihrer aktuellen Ausstellung im Celler Kanzleicafé, Kanzleistraße 6, so inspiriert den Titel „Lust auf Farbe“ gab − hier geht es auch um Emotionen.
Schabloniert, gedruckt, abgekratzt und weggeschmirgelt
In Schimmelpfeng-Schüttes Werken treiben es aber nicht nur die Farben bunt. Pure leuchtende Töne blitzen durch etliche Schichtungen. Vermischt, transparent oder überdeckt gehen sie neue Symbiosen ein. Dem Ganzen Struktur zu geben, nicht nur mit der Farbigkeit zu spielen, sondern dem Material, seiner Beschaffenheit selbst Raum zu geben, ist der Malerin wichtig. Deshalb wird auch mal fett aufgetragen, in selbst entwickelten Techniken schabloniert oder gedruckt, und dann wieder abgekratzt und weggeschmirgelt. So bekommen ihre Bilder − die einen mehr, die anderen weniger − etwas Dreidimensionales und eine Haptik, die zusätzlich lockt.
Dort, wo sich Farbe und Struktur treffen, entstehen Eindrücke und Assoziationen, verlinkt mit Erinnerungen und Vorstellungskraft − so wie das Hirn eben stets nach Erkennbarem sucht. Dann wird hier im Rost von Herbstlaub die Makroaufnahme von Aderstrukturen verrotteter Blätter, dort im Kaleidoskop farbiger Lichtspiegelung ein stiller weißer Birkenhain. Da verführerisch grünglänzende Seide, dort vulkanartige Lebensenergie unter den schneebedeckten Bergen − oder ein immergrünes Dschungelparadies.
Spaß am Experimentieren
Anregende Bilder für machtvolle Fantasie, von denen auch sie sich im Schaffensprozess überraschen lässt: Ruth Schimmelpfeng-Schütte sagt: „Farben verlocken mich schon immer und der Spaß am Experimentieren, etwas Neues auszuprobieren kommt dazu. Dass es oft gelingt ist einer gewissen Erfahrung geschuldet. Es bleibt dennoch immer eine Überraschung.“