Ausstellung in Hannover: Nähe und Distanz eröffnen neuen Blick auf Kunst

Die Wirkung von Kunstwerken hängt nicht zuletzt davon ab, wo, wie und in welchem Zusammenhang sie präsentiert werden. Dieses Phänomen untersucht Gisela Sperling in ihrem „Kunstraum Friesenstraße“: Die Exponate in der neuen Ausstellung „Nähe und Distanz“ stammen ausnahmslos aus der eigenen Sammlung, und einige davon waren durchaus früher schon zu sehen, teilweise sogar mehrfach. Gleichwohl mögen auch diese Arbeiten in der aktuellen Kombination Reize entfalten, die bislang noch gar nicht voll zur Geltung gekommen sind. Ausstellung "Nähe und Distanz" in Hannover zeigt vielfältige Kunst: Im Einzelfall wird dem Betrachter nichts anderes übrig bleiben, als nahe heranzutreten: Bei Richard Tuttles mit feinem Strich gestalteten Prägedruck-Radierungen aus der Reihe „The Edge“ etwa erkennt man aus der Ferne gar nichts. Auf der anderen Seite des Eingangsbereichs befindet sich mit „Gravure 27“ von Hans Hartung eine wesentlich kräftigere Darstellung. Wieder eine andere Dynamik ist einer Tuschzeichnung von K.R.H. Sonderborg zu eigen, auch er ein Meister des Informel – hier kommt das gestische Element besonders stark zur Geltung. Von Bleistiftzeichnung bis Fotografie: Günther Uecker ist zwar vor allem durch seine genagelten Arbeiten bekannt, hier ist jedoch eine Bleistiftzeichnung zu sehen, deren Titel „Antibild“ nicht abschrecken sollte: Die Reihungen reduzierter Elemente bieten durchaus eine gewisse Ästhetik. Interessant, dass in diesen Bereich der Ausstellung mit Candida Höfers „Vicenza“ auch eine Fotografie geschmuggelt wurde, die ein gediegenes Interieur zeigt: „In meinen Augen eine sehr malerische Arbeit“, merkt Gisela Sperling nachvollziehbar an. Zwei großformatigen Arbeiten im Obergeschoss des "Kunstraums Friesenstraße": Mächtige Wucht entfaltet sich in der oberen Etage bei zwei großformatigen Arbeiten von Christian Schwarzwald, die an gegenüberliegenden Wänden platziert sind. Es handelt sich um Kohlearbeiten auf Papier, das wiederum auf farbig grundierte Leinwände geklebt wurde. Einmal in rechtwinkliger Form, einmal in unregelmäßiger, und nicht nur deswegen ergänzen sich die Werke gegenseitig: Höchst bewegt wirken zwar beide, aber eines weist wesentlich vielfältigere Strukturen auf. Gegenständliche Kunst ist eher die Ausnahme: Gegenständlich-figürliche Elemente sind in dieser Ausstellung nur sehr sporadisch vertreten – immerhin entpuppen sich die hellblauen Elemente, die auf der Sequenz aus Thomas Bayrles „Heuschober-Fries“ übereinander getürmt sind, bei näherer Betrachtung als stilisierte Handys. Auf Jonathan Laskers Ölgemälde „An Explanation of Ice for a Summer Insect“ hingegen sollte man nicht gar zu intensiv nach eindeutig erkennbaren Vertretern der Tierwelt suchen, sondern sich eher dem breiten Spektrum und der delikaten Materialität der Farbe widmen. Und so unterschiedlich diese Arbeiten auch sind, haben sie doch eines gemeinsam: Aus der Distanz entfalten sie ihre Gesamtwirkung, die interessanten Details enthüllen sie indes erst beim Nähertreten. Von Jörg Worat Die Ausstellung läuft bis 25. Februar im Kunstraum Friesenstraße, Friesenstraße 15, in Hannover. Öffnungszeiten: freitags und samstags, 16 bis 19 Uhr und nach Vereinbarung unter Telefon (0511) 60499923 oder per E-Mail an mail@kunstraum-friesenstrasse.com.