Heidschnucken in Gefahr : Verschwindet Heide, verschwinden Touristen?

Die Verbindung der drei H – Heide, Heidschnucke, Hermann-Löns – ist für die Gemeinde Faßberg ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. "Die Heidelandschaft grenzt uns im Tourismus von reinen waldgeprägten Ferienregionen ab und ist in dieser Form und Ausdehnung deutschlandweit einzigartig", sagt Faßbergs Bürgermeister Frank Bröhl. "Der entscheidende Faktor für den Erhalt dieser Landschaft ist die Heidschnucke." Der Verwaltungschef blickt äußerst sorgenvoll in die Zukunft. Denn er weiß, dass sich die Heidschnuckenzucht (fast) nicht mehr lohnt. "Geben die Heidschnuckenzüchter auf, sind die Heideflächen durch Vergrasung und Baumbewuchs gefährdet", sagt Bröhl. "Das wird nachhaltigen Einfluss auf den Tourismus haben." Touristen bringen Geld in Lüneburger Heide: Der Bruttoumsatz, der durch den Tourismus in der Lüneburger Heide entsteht, beträgt rund 1,2 Milliarden Euro. Etwa 200 Millionen Euro entfallen auf den Landkreis Celle, ein hoher einstelliger beziehungsweise kleiner zweistelliger Millionenbetrag auf die Gemeinde Faßberg. Dort sind zwei der vier großen Heidschnuckenstammherden Niedersachsens mit etwa 1600 Tieren beheimatet. "Sie dienen wesentlich dem Landschafts- und Umweltschutz", sagt Bröhl. Heidschnuckenzüchter sieht keine Perspektive: Doch wie lange noch? "Perspektivisch sieht es sehr düster aus", sagt der Schmarbecker Heidschnuckenzüchter Peter Hinnerk Tewes. Und dann wird er deutlich: "Ich gehe davon aus, dass auf unserem Hof spätestens dann Schluss ist, wenn ich in Rente gehe. Vielleicht auch schon früher, wenn mein Schäfer aufhören möchte." Tewes wird im Dezember 57 Jahre alt, sein Schäfer ist bereits 65. Was das für die Heide bedeutet, kann man nur erahnen – Tewes hält in seiner Herde etwa 900 Tiere. Wolf findet in Heide optimale Bedingungen vor: "Die Zuwanderung des Wolfes als Raubtier stört empfindlich das über Jahrhunderte gepflegte und entwickelte Gleichgewicht zwischen landwirtschaftlicher Kulturlandpflege und wirtschaftlich optimiertem Lebensraum", sagt Bröhl. "Der Wolf findet in den hiesigen Landschaften sein Optimal-Biotop: eine hohe Wilddichte mit Rehwild, Damwild, Rot- und Schwarzwild und mittendrin große Heidschnuckenherden in offener Hütehaltung." Der Wolf werde daher selbst bei einer geänderten Gesetzeslage immer wieder diesen, für ihn idealen Lebensraum auswählen. Heidschnuckenzucht ist nicht mehr wirtschaftlich: Für die Heidschnuckenzüchter bedeutet die Zuwanderung des Wolfes aber einen erheblich erhöhten Arbeits- und Materialaufwand. "Es zeichnet sich immer mehr ab, dass der betriebene Aufwand für Zucht und Erhalt der Herden nicht mehr zur Deckung der entstandenen Kosten beiträgt", sagt Bröhl. "In der Folge haben bereits viele kleinere Züchter aufgegeben und auch die privaten Besitzer der großen Zuchtherden in der Gemeinde Faßberg befürchten, diese Herden auf lange Sicht nicht halten zu können." Die Aussagen von Tewes bestätigen das. Wer pflegt die Heide? Doch die Heide muss jedoch gepflegt werden. "Das geschieht am sinnvollsten auf natürliche Art durch diese angepasste und dafür gezüchtete Rasse", sagt Bröhl. Zwar könne die Heide auch durch maschinellen Einsatz gepflegt werden. Maschinen seien aber im Vergleich zur natürlichen Pflege ein nur unzureichender Ersatz, der zumindest vorübergehend das Landschaftsbild störe. "Heidschnucken zerstören zudem auch die Spinnennetze auf den Heideflächen und tragen damit zum Erhalt der Insektenvielfalt bei", sagt der Faßberger Bürgermeister. Heidschnuckenzüchter benötigen finanzielle Unterstützung: Das Ende der Heidschnuckenzucht hätte ganz erhebliche Auswirkungen auf den Fortbestand der Kulturlandschaft Lüneburger Heide und den Tourismus. "Unabhängig von den Diskussionen um das Thema Wolf, sollten die Züchter angemessen unterstützt werden", fordert Bröhl. "Das geht nur über finanzielle Hilfen aus EU und Land, aber auch die Gemeinde muss sich darüber Gedanken machen." Man könne die Kulturlandschaft mit überschaubarem Aufwand und an der richtigen Stelle nachhaltig erhalten. "Den sonst zu befürchtenden negativen Folgen für den Tourismus durch Rückgang der Besucherzahlen, damit verbundenen Einbußen der Tourismuswirtschaft und Verlust von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen, könnte so gezielt vorgebeugt werden", sagt Bröhl. "Die derzeit zu beobachtende Entwicklung mit den dann erwarteten Folgen macht mir große Sorge und kann nicht gewollt sein."

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