Seine Eltern sahen nur einen Ausweg – die Flucht in die West-Zone. So verließ die junge Familie mit Manfred Kuras (Jahrgang 1948) , der damals ein halbes Jahr alt war, am 23. April 1949 – noch vor Gründung der DDR – Bad Doberan mit dem Ziel West-Berlin. Doch die Stadt war damals abgeriegelt, wurde über die Luftbrücke versorgt. "Durch den zusätzlichen Flüchtlingsstrom verschärften sich die Lebensbedingungen erheblich", erzählt Manfred Kuras. "Eltern mit Babys erhielten das Vorrecht, mit den leeren Transportflugzeugen ausgeflogen zu werden." Sein Interzonen-Reisepass dokumentiert den Royal-Air-Force-Flug am 29. April 1949 von Berlin-Gatow nach Wietzenbruch.
Im vergangenen Jahr – 70 Jahre nach dem Beginn der Luftbrücke – kam der Zeitzeuge nach Wietzenbruch, traf sich am Luftbrückendenkmal mit Gerda Kohnert. Die Ortsbürgermeisterin stellte jetzt den Kontakt zur Celleschen Zeitung her. "Viele wussten gar nicht, dass Menschen mit zurückgenommen wurden", sagt Kuras. "Aber beim Festakt zum 60-jährigen Jubiläum der Luftbrücke 2008 auf dem Flugplatz Wiesbaden-Erbenheim erinnerte sich der ehemalige Pilot Eve Moore an den sogenannten Baby-Lift."
Dank an englische und amerikanische Piloten
Für die Familie Kuras ging es 1949 von Wietzenbruch weiter nach Ostfriesland. Dort fanden sie Unterschlupf bei den Großeltern von Manfred Kuras, der später als Lehrer in Hessen arbeitete. Er und seine Mutter – sein Vater starb bereits 1959 – sind den englischen und amerikanischen Piloten noch heute dankbar. "Ohne deren unermüdlichen und selbstlosen Einsatz wären wahrscheinlich die Nachkriegsgeschichte Deutschlands und die Geschichte unserer Familie anders verlaufen", sagt das Kind der Luftbrücke.
"Flugzeug lag in der Aller"
Und nicht nur Manfred Kuras wurde von Berlin nach Wietzenbruch ausgeflogen, sondern auch die inzwischen verstorbene Frau von Hans-Günther Bloetz (Jahrgang 1938) . "Meine Frau Waltraut ist mit dem Kohlenbomber gekommen", erzählt der Zeitzeuge. Sein Schwiegervater habe später auch Maschinen in Wietzenbruch beladen. "Wir Kinder haben aus dem Zug, der zum Fliegerhorst fuhr, ein paar Kohlen geklaut", sagt Bloetz, der sich auch noch daran erinnert, dass ein Flugzeug in Altencelle abgestürzt und in der Aller gelandet sei. "Lange hat es da aber nicht gelegen – die Amis haben es abgeholt", sagt Bloetz.
Startbahn in Wietzenbruch verlängert
Günter Anton (Jahrgang 1929) hat während der Luftbrücke am 2. Oktober 1948 seine Frau beim Ernteball in Wieckenberg kennengelernt. "Wir sind aus Osnabrück gekommen, um den Flughafen in Wietzenbruch in Schuss zu bringen", erzählt er. "Wir haben die Startbahn verlängert und Hütten gebaut." Untergebracht sei die Einheit in Ovelgönne gewesen. Im Frühjahr 1949, als sein Vater aus der Kriegsgefangenschaft kam, verließ Günter Anton Wietzenbruch in Richtung Berliner Heimat. "Ich bin schwarz über die Grenze", erzählt der Zeitzeuge, den die Liebe zurück nach Celle zog.
Aktiv bei der Luftbrücke mitgearbeitet hat Johann Berends . Der Celler hat der Celleschen Zeitung eine ganze Reihe von Bildern zur Verfügung gestellt. Krankheitsbedingt konnte er sich in dieser Woche allerdings nicht zu seinen Erinnerungen äußern.