Was macht eigentlich die Celler Ruderin Sybille Wenzel geborene Exner

Das Jahr 2005 hatte es in sich. Es war das Abijahr, als Sybille Wenzel, geborene Exner, bei den Deutschen Rudermeisterschaften in der Altersklasse U23 in allen drei Skull-Bootsklassen die Goldmedaille gewann. Daraufhin wurde sie für die Weltmeisterschaften nominiert, wo sie zur Bronzemedaille ruderte. Ganz nebenbei machte sie ihr Abitur mit einem Einser-Schnitt. „Es war anstrengend, hat aber auch viel Spaß gemacht, weil alles so gut zusammengepasst hat“, erinnert sich die 35-Jährige. „Nach den Rennen in Duisburg musste ich mich beeilen, um rechtzeitig zum Abiball zurück in Celle zu sein.“ Training unter den kritschen Augen von Trainer Rolf Happel: Leistungsrudern bedeutet tägliches Schuften. Sieben Tage in der Woche trainierte die damals 19-Jährige vom Ruderclubs Ernestinum-Hölty (RCEH) unter den kritischen Augen ihres Coaches Rolf Happel. 15 bis 20 Stunden kamen dabei zusammen. Und nebenbei musste sie noch büffeln für die Klausuren. Zwischen Bootshaus und Schreibtisch blieb wenig Zeit für Hobbys: Das Klavierspielen musste sie aufgeben. Drei Deutsche Meistertitel an einem Tag: Wenzel wuchs in Celle auf und ging aufs Gymnasium Ernestinum. Mit zwölf Jahren trat sie in den RCEH ein. Eine Freundin hatte sie gefragt, ob sie Lust hätte, das mal auszuprobieren. „Der Sport hat mir von Anfang an viel Spaß gemacht und ich war schnell erfolgreich,“ erinnert sie sich. Einen ihrer ersten großen Erfolge erreichte sie als 15-Jährige bei den Deutschen Jugendmeisterschaften 2002: In einem Wimpernschlagfinale verpasste sie knapp die Goldmedaille. Dann ging alles Schlag auf Schlag. Im nächsten Jahr folgten schon zwei erste Plätze und schließlich die Bronzemedaille bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Litauen sowie zwei Jahre später bei den U23-Weltmeisterschaften in Polen. Verschiedene Universitäten bekunden Interesse: Und dann kam das ereignisreiche Jahr 2005 mit Deutschen Meistertiteln im Einer, Doppelzweier und Doppelvierer an einem Tag. Ihr Erfolg in Duisburg lenkte das internationale Interesse auf Wenzel. „Es ist sehr ungewöhnlich, dass man in allen drei Disziplinen startet und dann auch noch alle gewinnt“, betont sie. „Danach stand mir die Welt offen: Verschiedene Universitäten boten mir Sportstipendien an, unter anderem in Kalifornien. Tatsächlich habe ich einige Zeit überlegt, in die USA zu gehen, habe mich dann aber doch dafür entschieden, in Berlin zu studieren.“ Diesen Ort wählte Wenzel wegen des Ruder-Bundesstützpunktes in Potsdam aus. „So konnte ich meinen Sport und mein Studium gut vereinen.“ Die Wahl ihres Studienfaches lag auf der Hand: Ihr Vater Herbert Exner ist Kieferorthopäde in Celle, die Tochter trat in seine Fußstapfen und studierte Zahnmedizin. Studium und Training sorgen für vollen Terminkalender: Während ihres Aufenthalts in der Bundeshauptstadt war Sybille Wenzels Terminkalender nach wie vor gut gefüllt. „Neben dem fordernden Studium habe ich zwölf Trainingseinheiten in der Woche absolviert“, erzählt sie. „Als die Zwischenprüfungen anstanden, musste ich mich dann entscheiden, wie es weitergeht. Beides zusammen wäre nicht möglich gewesen.“ Die Cellerin beschloss, dass sie im Rudern genug erreicht hatte. „Wenn ich mich Richtung Olympia orientiert hätte, wären das bestimmt sportlich intensive fünf bis zehn Jahre geworden, in denen ich das Studium hätte zurückstellen müssen. Das wollte ich nicht. Also habe ich stattdessen meine berufliche Karriere vorangetrieben.“ Als Ausgleich setzte Wenzel das Rudern als ambitionierten Freizeitsport in der Bundesliga weiter fort. Mit Schwester Ricarda auf der Alster unterwegs: Zu vielen früheren Mitstreiterinnen und Konkurrentinnen hat sie immer noch Kontakt. Darunter ist auch Olympiasiegerin Annekatrin Thiele. Wenzels Schwester Ricarda war ebenfalls sehr erfolgreich im Rudern. Sie wohnt heute mit ihrer Familie in Hamburg und arbeitet dort als Orthopädin. Ein Freizeitvergnügen darf bei gegenseitigen Besuchen natürlich nicht fehlen: „Wenn ich in Hamburg bin, gehen meine Schwester und ich gern zusammen auf der Alster rudern“, sagt Wenzel. Rückkehr nach Celle als Kieferorthopädin: Erst vor kurzem ist Wenzel nach Celle zurückgekehrt. Sie hatte als Zahnärztin in Berlin gearbeitet, ihre Facharztausbildung in Hannover absolviert, war einige Zeit in Hamburg als Kieferorthopädin tätig und trat im Mai vergangenen Jahres in die Praxis ihres Vaters ein. Die Umsetzung großer Pläne steht demnächst an: Noch in diesem Jahr sollen die neuen Praxisräume am Schlossplatz bezogen werden. „Ich freue mich sehr, wieder hier zu sein“, so Wenzel. „Durch das Rudern habe ich zwar schon viele Orte auf der Welt kennengelernt, aber an Celle hängt mein Herz. Hoffentlich kann die Ruderregatta auf der Aller in diesem Jahr wieder veranstaltet werden.“ Gedanken ans Aufgeben habe sie in der Schulzeit eigentlich nur ein einziges Mal gehabt, erinnert sich Sybille Wenzel: 2003 bei der Junioren-WM in Athen musste sie, die als Titelfavoritin angereist war, wegen einer Salmonellen-Vergiftung des gesamten deutschen Teams unverrichteter Dinge wieder ausgeflogen werden. „Im Wintertraining habe ich oft überlegt aufzuhören“, sagte sie damals der CZ. Doch die 17-Jährige fing sich wieder und machte weiter. Sie hat es bis heute nicht bereut. Sybille Wenzel: "Ruderer bleibt man ein Leben lang": Für den Rudersport schlägt ihr Herz noch heute. Ihr Boot liegt nach wie vor im Bootshaus des Ruderclubs Ernestinum-Hölty. Manchmal ist sie auf der Aller unterwegs, oft begleitet von ihrem Mann, der ebenfalls ehemaliger Leistungsruderer ist. „Ruderer bleibt man ein Leben lang“, sagt Wenzel. „Das Schöne ist, dass man durch den Sport auf der ganzen Welt Freunde hat. Wir sind wie eine große Familie.“