Celler Rennfahrer Christian Kautz steckt viel Herzblut in seine Rennwagen

Sein Können als Rennfahrer will Christian Kautz nicht kleinreden. Aber Talent allein reicht nicht aus, um im Motorsport erfolgreich zu sein, das weiß der Celler ganz genau: „Man muss sein Auto verstehen. Der beste Fahrer gewinnt keinen Blumentopf, wenn sein Wagen nicht top eingestellt ist“, betont der 55-Jährige, der seit mehr als zwei Jahrzehnten bei Tourenwagenrennen auf Sprint- und Langstrecken unterwegs ist. Und in dieser Beziehung ist der Inhaber eines Autofahrerfachmarkts mit angeschlossener Kfz-Meisterwerkstatt ein Perfektionist. Tüfteln an Nockenwelle und Ölkühlung: Das sieht man seinen beiden auf Basis eines BMW M3 selbst aufgebauten Boliden auch an: Wie Ausstellungsstücke stehen der E36 mit 225 PS und der E46 GTR mit 308 PS gewienert in Kautz‘ Geschäftsräumen in Westercelle. „Selbst jetzt, da wegen der Pandemie keine Rennen stattfinden, komme ich jeden Sonntag aus meiner Wohnung runter und bastele an den Autos. Die Motoren haben mittlerweile kaum noch etwas mit den Serienmodellen zu tun“, erzählt der passionierte PS-Fan. Und das Feilen und Tüfteln an Nockenwelle, Ölkühlung und Rennkolben zahlt sich regelmäßig aus. Nicht nur bei seinem größten sportlichen Triumph, dem Klassensieg beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring 2005, auch beim zweimaligen Gewinn der Bördesprint-Meisterschaft in Oschersleben und auf dem Lausitzring sowie mehreren Erfolgen bei der Deutschen Langstreckenmeisterschaft. Regelmäßig belegt er auch Podestplätze beim Markenpokal, der BMW-Challenge. Als Teenager Motoren frisiert: Sein Enthusiasmus für Fahrzeuge aller Art zeigte sich bereits in Kautz‘ Kindertagen in Wienhausen als er sich Seifenkisten und ferngesteuerte Autos, Boote und Flugzeuge baute. Nach dem Umzug nach Bissendorf-Wietze kaufte er sich von seinem Konfirmationsgeld eine Zündapp. Die 80er frisierte der Teenager, bis sie ihn mit Tempo 110 durch die Wedemark katapultierte. „Ich habe mich schon als Schüler mit Motoren beschäftigt, auch wenn die Basteleien nicht immer ganz erlaubt waren“, erinnert er sich grinsend. „Andere haben einen Tanzkurs gemacht, ich habe wie wild konstruiert und entwickelt.“ Dass er für seine Leidenschaft zeitweilig die Schule schleifen ließ und ein Jahr wiederholen musste – geschenkt. Drifts durch Dorfkurven: Seine Liebe zu Vehikeln der Bayerischen Motoren-Werke wurde früh geweckt. „Mein allererstes Auto war ein Golf I, aber Frontantrieb fand ich schnell doof“, sagt Kautz. Kurze Zeit später stand ein BMW 316, Baujahr 1977, vor seiner Haustür. Logisch, dass dessen Motor auch bald „optimiert“ wurde. „Ich bin wie ein Irrer gefahren, bei uns im Dorf durch die Kurven gedriftet. Keiner hat sich getraut, bei mir mitzufahren“, gibt er zu. Erwischt wurde er bei seinen Jugendsünden nie. „Es wurde aber zum Glück auch weniger geblitzt damals“, blickt er schmunzelnd zurück. Heute lebt er seine adrenalingetränkten Bleifuß-Attacken aber nur noch auf der Rennstrecke aus, beteuert der Vater eines erwachsenen Sohnes (der übrigens lieber Eishockey spielt, als das Gaspedal durchzutreten). BWL-Studium statt Mechanikerlehre: Bemerkenswert: Kautz hat keine klassische Mechaniker-Ausbildung absolviert, kommt als studierter Betriebswirtschaftler aus dem Handel. „Aber ich habe mir viel Wissen über Motoren angelesen und etliche Expertengespräche geführt. Man arbeitet sich rein in die Materie“, sagt der lizenzierte Amateurfahrer, der zehn Leute in seinem Betrieb beschäftigt. Karttraining auf Messegelände: Seinen ersten Kontakt mit dem Motorsport hatte Kautz als Jugendlicher bei Karttrainings auf dem Messegelände in Hannover. „Die Dinger waren irre schnell, auf Geraden kamen die auf Tempo 160“, erinnert er sich. Seine Eltern unterstützten das Hobby des Sohnes aber nicht. So machte Kautz seine ersten Rennauto-Erfahrungen erst Jahre später bei einem Sprintrennen mit einem Opel Astra GSI in Oschersleben – noch heute seine Lieblingsstrecke, auf der er auch seine Wagen testet. „Da habe ich schon x Runden gedreht, da kenn ich mich am besten aus“, sagt er. Von Hockenheim bis Zandvoort: 1998 stieg Kautz richtig in die Rennszene ein, seitdem ist er im BMW-Boliden regelmäßig auf den Strecken Europas unterwegs – von Hockenheim über die niederländischen Rundkurse in Assen und Zandvoort bis ins belgische Spa-Francorchamps. „Wer dort einmal die Eau Rouge, die Mutter aller Kurven, gefahren ist, will immer wieder dahin zurück“, schwärmt Kautz, der streng auf seine Ernährung achtet, wenig Kohlenhydrate und keine Süßigkeiten zu sich nimmt und sich körperlich vor allem durch regelmäßiges Schwimmen fit hält. „Ich fühle mich gut, die nächsten fünf Jahre fahre ich bestimmt noch Rennen.“ Dann wäre er 60. Auf Nürburgring in Leitplanke gecrasht: Die riskanteste Strecke sei der Nürburgring, meint Kautz. Vor gut 15 Jahren hat er das am eigenen Leib zu spüren bekommen – beim bislang einzigen schweren Unfall seiner Karriere. „Ich habe mich bei einem Vier-Stunden-Rennen mit einem anderen BMW M3 beharkt. In einer Kurve lag ich vorn, als mein Konkurrent mich am Heck traf.“ Kautz‘ Auto schleuderte mit Tempo 160 auf die Leitplanke zu. „Ich habe gebremst, aber der Wagen wurde nicht langsamer. Da sitzt man hilflos im Cockpit und wartet auf den Aufprall“, blickt er zurück. Doch Kautz hatte Glück, blieb unverletzt: „Das Auto war ein Totalschaden, aber ich hatte nur ein paar Glassplitter in der Unterhose.“ Über Monate baute er sein Renngefährt wieder von Grund neu auf. Profiteam stellt Rennauto optimal ein: Zwei Rennautos, an denen immer etwas gemacht werden muss, dazu ein Transporter, mit dem Kautz seine Renner an die Strecken bringt. Vor Ort engagiert er ein Profirennteam, das sich um die Rennvorbereitungen und das optimale Einstellen des Autos kümmert – von der technischen Abnahme über die Reifenauswahl bis zum Fahrwerks-Setup. Das alles kostet – und zwar nicht wenig. „Ja, man kann mit diesem Hobby viel Geld ausgeben. Ich bin aber immer im besonnenen Bereich geblieben“, sagt Kautz. Ein Teil der Kosten bekommt er durch Sponsoren und so genannte „Pay-Driver“, also Gastfahrer, die einen seiner beiden BMW für Rennen mieten, wieder rein. Zudem bietet er Motorsport-Fans Rundum-Pakete für Rennwochenenden an, bei denen sie ihn und sein Team hautnah begleiten können – inklusive Einblicke ins Fahrerlager und die Mechaniker-Box. Endlich wieder aufs Gaspedal treten: Derzeit laufen die Planungen für die kommende Saison an. „2020 konnte ich wegen der Corona-Pandemie kein einziges Rennen fahren. Zwei Tests in Zandvoort und am Nürburgring – das war‘s“, so Kautz. Dieses Jahr will er mit seinem „großen“ E46 erneut an der BMW-Challenge teilnehmen. Der erste Start ist eigentlich für Ende März geplant. „Da glaube ich aber nicht dran. Vielleicht können wir im Mai in Oschersleben loslegen“, sagt Kautz. Man sieht ihm die Vorfreude an.