Celler Kanuten bangen um ihr Paddelrevier auf der Lachte

Es ist eine der ältesten Sportveranstaltungen im Landkreis: Die Tradition des Kanu-Abfahrtslaufes auf der Lachte reicht stolze 60 Jahre zurück. Ausgerechnet zum runden Geburtstag musste das von der Kanu-Gesellschaft Celle (KGC) auf die Beine gestellte Rennen in diesem Jahr ausfallen, weil ein Umweltverträglichkeitsgutachten gefordert wurde. „Das kam für uns überraschend und war in der Kürze der Zeit nicht beizubringen“, erklärte Organisationsleiter Olaf von Hartz. Kurzerhand wurde die Meisterschaft Anfang Oktober nach Braunschweig auf die Oker verlegt. Kanuten sehen sich in Einklang mit Natur: Nun bangen die Kanuten um die grundsätzliche Erlaubnis, ihren Sport auf dem gewohnten Teilstück des 38 Kilometer langen Nebenflusses der Aller von Lachendorf bis ins Celler Stadtgebiet auszuüben. „Es geht um den Erhalt unserer ,Sportstätte‘ – nicht nur für den Lachte-Abfahrtslauf, auch für die Nachwuchsarbeit“, so von Hartz. Der 58-jährige Altmeister des Paddelsports hat wenig Verständnis für die Forderung der Behörden: „Fast sechs Jahrzehnte lang haben die Kanuten bewiesen, dass sie auf der Lachte Wettkämpfe im Einklang mit der Natur durchführen können“, sagt der Celler. „Trotzdem werden in Celle seit langem bestehende Verordnungen nun plötzlich immer mehr zum Nachteil der Kanuten ausgelegt. Das ist den betroffenen Sportlern kaum zu vermitteln“, macht von Hartz aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Dürfen Kanuten stromaufwärts paddeln? Er selbst hat übrigens den Stein ins Rollen gebracht: Nach einem Disput mit Anglern bei einer seiner Trainingsfahrten auf der Örtze im vergangenen Jahr drohte von Hartz von behördlicher Seite ein Bußgeld. Im Kern ging es darum, ob es Kanuten erlaubt ist, mit ihrem Sportgerät auch stromaufwärts zu fahren. „In der Heidebachverordnung ist das aus meiner Sicht nicht eindeutig geregelt. Es gibt einen Interpretationsspielraum.“ Celler Kreisverwaltung kontaktiert: Um im Vorfeld des nächsten Kanu-Rennens auf der Lachte mit ihren rund 100 Startern für Klarheit zu sorgen, ob das Paddeln gegen die Fließrichtung über einen kurzen Streckenabschnitt erlaubt sei, fragte von Hartz bei der Celler Kreisverwaltung an und holte dafür auch den Landesverband der Kanuten mit ins Boot. „Dadurch habe ich offenbar schlafende Hunde geweckt. Vorher hat es keinen gekümmert, wenn wir einmal im Jahr unseren Wettkampf veranstaltet haben“, so der mehrfache Welt- und Europameister im Wildwasserrennsport. Teil der Lachte-Rennstrecke liegt im Stadtgebiet: Doch plötzlich schaltete sich neben dem Landkreis auch das Celler Rathaus ein, weil ein Teilstück der Rennstrecke im Zielbereich an der L282 auf Höhe der „Blauen Brücke“ in der Sprache auf Stadtgebiet liegt. Die Klärung im behördlichen Verfahren verzögerte sich, so dass das Rennen vor zwei Wochen verlegt werden musste. Die Schuld dafür schreiben sich Kanuten und Verwaltung gegenseitig zu. Von Hartz: Landkreis hat Okay gegeben: Von Hartz bezweifelt allerdings, ob die Stadt überhaupt eine eigene Handlungsbefugnis in dieser Angelegenheit hat. Denn mit dem Landkreis sei inzwischen alles geklärt: „Die haben uns ihr Okay gegeben“, so der KGC-Vorsitzende. Stadt Celle will auch mitreden: Die Celler Stadtverwaltung möchte indes sehr wohl ein Wort mitsprechen. Zwar gelte die Heidebachverordnung für das Stadtgebiet nicht, aber der Bereich Lachte sei ein FFH-Gebiet, erläutert Celles Pressesprecherin Myriam Meißner. Und laut Bundesnaturschutzgesetz seien Projekte auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes zu überprüfen. Lachte ist Naturschutzgebiet: Zudem seien in den vergangenen Jahren verschiedenste Anstrengungen unternommen worden, die Lachte naturnäher zu entwickeln. „Der Lauf der Lachte und angrenzende Flächen sind als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Veranstaltungen sind laut Naturschutzgebiets-Verordnung genehmigungspflichtig“, so Meißner. Eine Freistellung für den Lachte-Abfahrtslauf sei dort nicht erfolgt. Verträglichkeitsprüfung gefordert: Auch die Heidebachverordnung wird mit Blick auf das Befahren flussaufwärts im Neuen Rathaus anders ausgelegt: Es entspreche „nicht den Regelungen“, sagt Meißner. „Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung soll dazu dienen, die Rahmenbedingungen für eine Kanusportveranstaltung zu klären“, so die Sprecherin. Aller, Fuhse und Mühlengraben nicht ideal: Die Kanuten haben inzwischen ein entsprechendes Gutachten bei einem unabhängigen Fachbüro in Auftrag gegeben. Kosten: 2000 Euro. „Ich gehe davon aus, dass die Prüfung zu unseren Gunsten ausgeht. Wenn nicht, ist das Traditionsrennen tot“, so von Hartz. Denn auf Dauer seien weder Mühlengraben noch Aller oder Fuhse geeignet für einen Abfahrtslauf. „Und auf der Örtze sind die Hürden noch höher“, vermutet Olaf von Hartz.