Trainer Sebastian Zich spricht über Abstiegskampf beim VfL Westercelle

Nach einem Trainerwechsel sind die Erwartungen oft hoch. Doch beim Fußball-Landesligisten VfL Westercelle war allen im Vorfeld klar, wie schwierig die Saison werden würde. Sebastian Zich (39) hat als Nachfolger des langjährigen Erfolgs-Trainerduos Heiko Vollmer und Axel Güllert kein leichtes Erbe angetreten. Zumal einige Leistungsträger gingen und die Neuzugänge ausnahmslos aus unteren Spielklassen kamen. Mit einem Sieg aus sechs Spielen stehen die Schwarz-Gelben auf dem vorletzten Platz der Staffel 1. Der A-Lizenz-Inhaber Zich spricht im Interview mit CZ-Redakteur Heiko Hartung über Rückschläge, den Rückhalt im Verein und einige Lichtblicke, die ihn trotz allem an den Klassenerhalt glauben lassen. Sie sind im Sommer vom Westerceller Jugendcoach zum Trainer der Landesliga-Herren befördert worden. Rückblickend die richtige Entscheidung? Aus meiner Sicht auf jeden Fall. Aber auch von Vereinsseite habe ich bisher nichts Negatives gehört. Ich wurde super aufgenommen und spüre trotz der schwierigen sportlichen Lage Vertrauen und Rückendeckung. Auch der Amateurfußball ist oft schnelllebig, jedoch haben wir uns auf einen Neuaufbau geeinigt, bei dem es natürlich auch Rückschläge geben kann. Aber klar: Den Abstieg wollen wir natürlich mit aller Macht verhindern. Vor Saison einiges an Substanz verloren: Hat der Kader die Qualität für die Landesliga? Diese Frage wurde beim VfL zuletzt oft gestellt. Auch weil wir mit dem Verlust von Faisal Soma, Kai Broschinski oder auch Collin Sarnowski vor der Saison einiges an Substanz verloren haben. Grundsätzlich haben wir aber trotzdem die nötige Qualität. Warum kam Ihre Elf in den sechs Partien dann nicht über magere fünf Punkte hinaus? Auf der einen Seite haben natürlich einige Verletzungen potenzieller Stammspieler wie Daniel Weiß, Niklas Pautsch, Maxi Wede oder Hanne Wunsch eine Rolle gespielt, auf der anderen Seite ist das neue System in der Mannschaft noch nicht so gefestigt, so dass in entscheidenden Situationen nicht immer die richtige Entscheidung getroffen beziehungsweise dann nicht schnell genug gehandelt wurde. Und welche Möglichkeiten gibt es, diese Probleme abzustellen? Gegen die Verletzungen können wir leider nichts machen. Im fußballerischen Bereich müssen wir noch härter arbeiten, den Spielern allerdings auch die Zeit für Entwicklung geben. Unser Ziel ist es, alle Spieler taktisch und technisch besser auszubilden, um somit einen langfristigen Erfolg zu gewähren. Kantersieg gegen Gellersen Saisonhöhepunkt: Beim 5:1 gegen Gellersen hat viel gepasst. Es war saisonübergreifend der erste Erfolg auf eigenem Platz nach mehr als einem Jahr. Das bisherige Saisonhighlight? Ja, aber nicht, weil es der erste Heimsieg nach so langer Zeit war, sondern weil wir uns erstmals in der Saison nach einem guten Spiel mit drei Punkten belohnt haben. Das deutliche Ergebnis täuschte ein wenig darüber hinweg, dass Ihre Mannschaft im Sturm durch die Abgänge und Ausfälle nur dünn besetzt ist. Wir haben einen großen Kader und somit haben auch andere Spieler die Möglichkeit sich auf dieser Position zu zeigen. Aber wenn Felix Krüger (Torjäger bei Oberligist MTV Eintracht Celle, die Red.) zu uns kommen möchte, bin ich der Letzte, der ihn wegschickt. (lacht) Müssen nicht wie FC Barcelona spielen Sie haben angekündigt, beim VfL einen Systemwechsel weg vom bisher praktizierten schnellen Umschaltspiel, hin zum Ballbesitzfußball zu etablieren. Wie ist der Stand der Dinge? Ich halte an meinem Konzept fest, aber sowas braucht Zeit. Die Spieler verstehen immer besser, was ich von ihnen will. Hauruck-Fußball mit langen Klaus-Augenthaler-Gedächtnisbällen in die Spitze, ist nicht meine Art Fußball spielen zu lassen. Wir haben viele junge Spieler mit hohem Entwicklungspotenzial, zu denen im Sommer einige U19-Spieler stoßen werden. Wenn meine Spielidee in ein, zwei Jahren in den Köpfen und Beinen der Spieler angekommen ist, profitieren wir lange davon. Ballbesitzfußball bedeutet ja nicht, dass wir wie der FC Barcelona spielen müssen. Das Ziel muss sein, dass die Spieler wissen, wie sie den Ball bewegen müssen. Nicht nur quer spielen, sondern mit drei kurzen Pässen die Lücken finden, um zum Torerfolg zu kommen – darin besteht die Kunst. Nicht in der Lage, Spiel zu dominieren: Aber sind in der derzeitigen Situation nicht alle Mittel recht, um an drei Punkte zu kommen? Man kann auch in Schönheit sterben. Das widerspricht sich nicht. Ich kann behutsam einen anderen Stil entwickeln und bei Bedarf auf ein defensiveres System mit Überraschungsmoment zurückgreifen. Gegen die Spitzenteams sind wir derzeit noch nicht in der Lage, das Spiel zu dominieren. Also hat der Klassenerhalt doch oberste Priorität? Das ist ganz klar. Und ich denke, dass wir das schaffen – auch wenn ein wenig Glück dazugehören wird. Was macht Sie zuversichtlich? Jeder Spieler stemmt sich mit viel Einsatz gegen den Abstieg, die Abläufe werden immer besser und nach Rückständen lässt sich keiner hängen. Und wie vertreibt sich die Mannschaft momentan die Zeit? Der Lockdown ist aus fußballerischer Sicht der reinste Frust. Zu Beginn habe ich allen Spielern gesagt, sie sollen erstmal die Füße hochlegen. Aber in den nächsten Tagen schicke ich an jeden einen individuellen Trainingsplan, damit wir bei Lockerungen im Februar sofort auf dem Platz loslegen können. Ich bin schon gespannt, mit wieviel Übergewicht der ein oder andere Spieler auf den Trainingsplatz erscheint! (lacht)