Daniel Praetorius aus Beedenbostel ist jüngster Uhrmachergeselle des Landes

Ein Tablett voller Zahnrädchen, Federn und Schrauben ist seine Herausforderung, das regelmäßige Ticken eines funktionierenden Uhrwerks sein Lohn: Daniel Praetorius ist der jüngste Uhrmacher in Niedersachsen. Als 19-Jähriger hat er seine Handwerkslehre mit dem Gesellenbrief abgeschlossen. Gerade 20 Jahre alt, arbeitet er von zuhause aus in seiner eigenen kleinen Werkstatt – vorübergehend. Denn er hat große Pläne, die verwirklicht werden sollen. „Ich will als Uhrmachergeselle auf die Walz! Befreundete Handwerker war auf Wanderschaft und haben davon geschwärmt“, erzählt Daniel: „Die Idee entstand und hat mich nicht mehr losgelassen.“ Dieser Plan, ist schon während seiner Lehre gereift. „Die meisten Leute denken, sowas machen nur Schreiner und Tischler, aber eigentlich kann jeder junge Handwerker mit einem Gesellenbrief in der Tasche losziehen und Wandergeselle werden. Das eröffnet die Möglichkeit, sein Wissen und Können durch die Arbeit bei unterschiedlichen Meistern zu erweitern und – nicht nur berufliche – Erfahrungen zu sammeln“. Eigentlich hätte es schon in diesem Sommer losgehen sollen. Doch Corona hat das Vorhaben erstmal gestoppt. Jugendzimmer wird zur Werkstatt: Ein „Überbrückungsplan“ musste her. Und so wurde, mit dem Einverständnis der Eltern und der Unterstützung der Großeltern (mit einigen finanziellen Zuwendungen) die Werk-Ecke im Jugendzimmer in Beedenbostel zur komplett funktionstüchtigen kleinen Werkstatt. Dort widmet sich Daniel Praetorius vor allem seiner Leidenschaft für alte Uhren. „Eine der ersten mechanischen Uhren, die ich kennengelernt habe, ist die Kirchturmuhr hier in Beedenbostel. Ich durfte sie ein paarmal aufziehen und freue mich jedesmal, sie zu sehen.“ Ob groß oder sehr klein: Die Arbeit an einer alten Uhr stellt immer eine besondere Herausforderung dar. Oft gibt es keine geeigneten Ersatzteile mehr, dann muss man eigene herstellen, reparieren oder improvisieren. „Schon der Ein- und Ausbau eines Uhrwerks erfordert besondere Aufmerksamkeit.“ Sein handwerkliches Können und sein Geschick haben sich bereits herumgesprochen. In seiner Selbständigkeit hat er schon einige Uhren zur Reparatur bekommen. Und mit der Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten. kommt er ganz gut über die Runden. Wie und wann die Entscheidung ansetzte, Uhrmacher zu werden, daran erinnert sich der 20-Jährige genau. „Es gab von der Schule aus diesen ,Zukunftstag’ zum Reinschnuppern in einen Beruf. Man sollte sich ein Unternehmen aussuchen, das einen interessiert, und ich habe bei einem Uhrmacher in Celle nachgefragt. Das Handwerkliche, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen, das habe ich wohl von meinem Vater geerbt, der Holzblasinstrumente herstellt. Schon als Kind hat mich seine Werkstatt angezogen.“ Nach diesem Schnuppertag („Der war einfach toll!“) folgte ein zweiwöchiges Berufspraktikum bei Juwelier Witte in Hannover. „An Uhren zu arbeiten hat mir wahnsinnigen Spaß gemacht. Vor allem die Technik hat mich fasziniert. Ich scheine mich nicht allzu doof angestellt zu haben, und der Chef hat zum Glück wohl auch was in mir gesehen“ – so hatte Daniel noch vor Abschluss seiner Realschulzeit in Lachendorf die Zusage für einen Ausbildungsplatz in der Tasche. Die Lehre begann dann 2017 und die Begeisterung blieb – wenn sie nicht sogar noch gewachsen ist. „Mein Meister hat mich wirklich super unterstützt. Ich durfte außerhalb der Arbeitszeit das Werkzeug nutzen und in der Werkstatt bleiben, bekam das eine oder andere sogar geschenkt – das war der Grundstein für meine eigene Werkstatt“. Uhrmacher mit Leib und Seele: Ausrüstung bekam er auch von anderen Seiten: Rolf Lang, ein Meister des Uhrenbaus nahe des sächsischen Glashütte, nahm Daniel mehrfach als Schüler auf; von ihm hat er den Werktisch. Die ersten beiden Drehbänke konnte er von Uhrmachermeister Klaus Thees in Celle erwerben – ein besonderer Vertrauensbeweis, denn die Maschinen hatte dieser von seinem Vater zur Meisterprüfung bekommen. Auch seine Fachbibliothek wächst kontinuierlich. Und die Urlaubsplanung bestimmt sich nach Orten mit sehenswerten Uhrenausstellungen. Anfang dieses Jahres hat Daniel die dreijährige Ausbildung bei Uhrmachermeister Witte in Hannover (mit Blockunterricht an der Uhrmacherschule in Hamburg) sehr erfolgreich abgeschlossen. Die Eins im praktischen Bereich sollte bei diesem anhaltenden Enthusiasmus niemanden wundern. Am 23. Juni händigte ihm die Uhrmacher-Landesinnung Hamburg seinen Gesellenbrief aus. Damit verbunden eine Einladung zum Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks in seiner Sparte. Daniel lacht: „Man muss im Schnitt besser als 2,0 abgeschlossen haben. Da ich der einzige Uhrmachergeselle in Niedersachsen bin, der in diesem Jahrgang Abschluss gemacht hat, habe ich den Landessieg wohl schon automatisch sicher. Vielleicht komme ich nun direkt in den Bundeswettbewerb und finde da entsprechende Mitstreiter. So eine Aufgabe würde mich schon reizen.“ Eigentlich sollte der Gesellenbrief den Weg für seine Wanderschaft ebnen. Die Pandemie hat das Abenteuer ausgebremst. „Das Ganze geht nicht ohne Vorbereitung. Zunächst muss man auf den regelmäßigen Treffen der Wandergesellen jemand passenden finden, der oder die einen ,losbringen‘ kann und möchte.“ Die ersten zwei Monate zieht man zu zweit (auch wenn die Gewerke unterschiedlich sind) und profitiert als Neuling vom Wissen des Erfahreneren. Wenn man bereit dafür ist, kann man alleine seiner Wege ziehen. Große Vorfreude auf die Wanderschaft: Die Vorfreude Daniels darauf ist unverkennbar: „Dann ist man ganz frei, kann seine eigenen Entscheidungen treffen: wohin, bei wem, wie lange. Man ist niemandem länger verpflichtet, als es der Absprache mit dem jeweiligen Arbeitgeber entspricht. Es gibt viele tolle Uhrmacher auf meiner Liste, die ich fragen will, ob ich eine Zeit lang bei ihnen arbeiten kann. Jeder hat unterschiedliche Ansätze, macht es auf seine Weise. Davon möchte ich profitieren.“ Dass er auf der Walz dann drei Jahre und einen Tag lang von seinem Zuhause in Beedenbostel fort sein wird, beunruhigt ihn nicht. „Die Sache soll ja dem Unabhängigwerden und auf eigenen Beinen stehen dienen. Natürlich bleibt man lose in Kontakt, nur zwischendurch mal nach Hause zu fahren, das ist nicht eingeplant.“ Der Bannkreis um den Heimatort beträgt 50 Kilometer und sollte nur in Ausnahmefällen überschritten werden, die Wanderzeit mindestens drei Jahre und einen Tag. Wenn alles gut geht, wird Daniel Praetorius im kommenden Frühjahr einen neuen Anlauf zur Wanderschaft wagen. Bis dahin beschäftigt er sich zuhause mit seiner Leidenschaft, dem Uhrmacherhandwerk. Von Doris Hennies 18. Juli 2000 Daniel Praetorius erblickt in Celle das Licht der Welt. Mai 2016 Als einziger Realschüler in der Endrunde des bundesweiten Wettbewerbs Physik gewinnt der Neuntklässler den dritten Preis. 2017 Nach dem erfolgreichen Abschluss der Oberschule Lachendorf tritt er seine Lehre bei Juwelier Witte in Hannover an. Februar 2018 Der Jugendfeuerwehrmann aus Beedenbostel wechselt in die Ortsfeuerwehr über. 23. Juni 2020 Die Uhrmacher-Landesinnung Hamburg händigt ihm den Gesellenbrief aus.