Birgit Gottschlich sammelt Mädchenspielzeug

Meine Liebe zu altem Spielzeug hat meine Sammelleidenschaft geweckt“, gesteht Birgit Gottschlich. Seit beinahe 40 Jahren ist sie auf der Suche nach Neuem und passenden Ergänzungen für ihre Sammlung von Mädchenspielzeug aller Art: Von Anziehfiguren aus Pappe bis zu den Miniaturwelten von Puppenstuben und bis ins Detail eingerichtete Einkaufsläden. In ihren Vitrinen, Schränken und Regalen findet sich alles, was kleine und große Mädchen erfreuen konnte – und ganz offensichtlich immer noch kann. „Minikosmos Puppenhaus“: Im vergangenen November haben es ihre auserwählten Schätze sogar bis in das Celler Bomann-Museum geschafft. Als eine von drei Sammlerinnen ist sie mit einem Teil ihres erstaunlichen Fundus in der aktuellen Ausstellung „Echt klein – Minikosmos Puppenhaus“ vertreten. „Eine spektakulär inszenierte Präsentation, die leider noch kein Besucher zu sehen bekommen hat“. Ihr Bedauern darüber ist groß. Die geplante Eröffnung der Präsentation ist dem Corona-Lockdown zum Opfer gefallen. „Jetzt schlummern all die liebevoll zusammengestellten Objekte wie im Dornröschenschlaf – und hoffen und warten auf Erweckung“. Nicht nur Märchen haben Birgit Gottschlich schon als Kind begeistert. „Ich war wohl das, was man ein typisches Mädchen bezeichnet. Mit Hingabe hab ich meine Puppen umhegt – gewaschen, gefüttert und natürlich an- und ausgezogen. Als ich älter wurde, hab ich Kleidchen für sie genäht und Möbel gebastelt. Zu meinen Lieblingen gehörte meine „Inge“ aus der Schildkröt-Serie. Natürlich besaß ich auch eine Puppenstube und eine Puppenküche – und wenn wir uns gerade nicht zankten, durfte ich mit dem Kaufmannsladen meiner großen Schwester spielen“. Kreatives Interesse an Handwerklichem: Trotz aller Begeisterung wanderten, als sie erwachsen wurde, die Puppen für lange Zeit ins Gästezimmer und vieles andere auf den Dachboden. Andere Dinge wurden wichtig: Der Realschulabschluss, die Ausbildung in der Sparkasse, das Kennenlernen ihres Liebsten und ihre Hochzeit. Was blieb, war das kreative Interesse an Handwerklichem. Anfang der 80-er Jahre führte sie dies in eine Hobbyausstellung. „Dort bin ich auf handgenähte Puppen aus festem Trikotstoff gestoßen. So eine wollte ich sofort selber machen und ankleiden. Eine erste hab ich mir als Vorlage gekauft“. Bei einer ist es nicht geblieben – und die bekamen nicht nur eigengefertigte Geschwister – inzwischen waren auch einige Künstlerpuppen dazu gekommen. Antikpuppenbörse in Hamburg: So richtig zündete der Funke zur Sammelleidenschaft dann 1985 – bei dem Besuch einer Antikpuppenbörse in Hamburg. Birgit Gottschlich: „Es war überwältigend, was man dort an historischem Spielzeug zu sehen bekam. Das zeugt vom Zeitgeist und der pädagogischen Sichtweise, wie man gerade die Mädchen auf ihre spätere Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereiten wollte. All das hat mich so begeistert, dass ich mich gleich nach meiner Rückkehr auf dem Speicher und im Keller auf die Suche nach meinen alten Spielsachen gemacht habe. Außerdem hab ich nach den eingelagerten Sachen meiner Mutter geforscht: Da gab es alte Schildkröt-Puppen, die früher im Häkelkleid in der Wohnzimmervitrine meiner Oma saßen, eine Wiege aus Holz, die mein Opa für die Puppe meine Mutter gebaut hat – ein Äffchen, das trommeln und eine Pappmaché-Puppe die fegen konnte, wenn man sie aufzog … meine persönlichen ersten Schätze“. Begeisterung für „Mädchenspielzeug“: Wenn die 64-Jährige über ihre Sammlung spricht, funkeln ihre Augen. Auch nach über 35 Jahren hat ihre Begeisterung für „Mädchenspielzeug“ offensichtlich nicht nachgelassen. Was sie daran so fasziniert? „Da ist natürlich der besondere Charme und die Erinnerungen, die den alten Dingen anhaften. Es rührt mich, wenn ich mir vorstelle, dass diese Sachen bespielt und geliebt wurden und die Zeit überdauern konnten. Hier verbindet sich der Wunsch, sich an ihnen zu freuen und sie zu bewahren, mit dem Spaß am Kreativen. Noch immer statte ich gerne aus – egal ob Puppen oder Stuben. Dabei ist es mir wichtig, möglichst den Originalzustand zu bewahren oder wieder herzustellen. Deshalb verwende ich zum Beispiel alte Vorlagen für Kleidung, die ich aus alten Stoffen nähe. Man braucht viel Fingerspitzengefühl“. Schätze wirkungsvoll in Szene gesetzt: Die Sammlerin sucht bevorzugt auf Flohmärkten, hin und wieder auch auf Spezialmessen, nach passenden Dingen, die ihren Fundus ergänzen. Im Internet geht sie kaum auf Jagd – „das ist mir zu unsicher. Am liebsten kaufe ich von Privatleuten persönlich. Da bekommt man oft noch etwas von der Geschichte, die jedes Teil hat, mit – das finde ich wichtig.“ Zuhause, in Vitrinen, Regalen und offenen Fächern werden ihre Schätze dann wirkungsvoll in Szene gesetzt. „Ich mag es themenbezogen und versuche vor allem, bei meinen Puppen mit Hilfe von Kleidung und entsprechenden Accessoires eine bestimmte Stimmung zu kreieren“. So gibt es feine Kaffeekränzchen neben Gruppen von Schulgängern, Babystuben neben Alltagsleben in der Küche. Das entsprechende Geschirr sowie Gerätschaften gehören selbstverständlich dazu. Den Wert ihrer umfangreichen Sammlung vermag Birgit Gottschlich nicht zu benennen. „Das was es mir bedeutet, ist sowieso nicht finanziell zu messen. Natürlich steckt einiges an Geld da drin. Trotzdem hab ich mich, was große Ausgaben angeht, zurückgehalten“. Das Richtige zu finden und sich nicht von Falschem blenden zu lassen, erfordert Fachkenntnis und Erfahrung. Beides hat sich Birgit Gottschlich im Laufe der Jahre ebenso zielstrebig angeeignet, wie sie das Ergänzen ihrer Sammlung angeht. Sammlung im oberen Stockwerk: Neben den Buchreihen von Fachliteratur stehen Ordner mit sorgsam abgehefteten Prospekten und Einladungen zu Messen, Ausstellungen und Museen in ganz Europa. Ihr Mann bringt für die Leidenschaft seiner Frau einiges an Verständnis auf – auch im Urlaub. Im neubezogenen Haus steht das gesamte obere Stockwerk für sie und ihre Sammlung zur Verfügung – plus ein paar Vitrinen im Keller. Dafür ist im „Rest“ der gemeinsamen Wohnräume kaum etwas von der Spielzeugflut zu finden – „so funktioniert unsere Abmachung. Im Übrigen ist jeder von uns glücklich, wenn der andere auch glücklich ist“. Und glücklich ist Birgit Gottschlich über jede gelungene Entdeckung für ihre Sammlung – „auch wenn man mit der Zeit anspruchsvoller und wählerischer wird“. Von Doris Hennies 26. Juni 1956 in Eime geboren – Realschulabschluss – Ausbildung zur Sparkassenkauffrau (nach 45 Berufsjahren in Rente) 1977 Hochzeit 1977 1982 Besuch einer Hobbyausstellung mit handgemachten Puppen – kreatives Interesse geweckt 1985 Besuch der Antikmesse in Hamburg –Beginn der Sammelleidenschaft – diverse Umzüge: Über Hannover 1990 nach Gifhorn, Oktober 2019 nach Celle, November 2020 nach Ovelgönne/Hambühren – Mitwirkung an der aktuellen Ausstellung im Celler Bomann-Museum