Berufsschulpastor Kindler : „Clown Gottes“

Mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen, freudestrahlenden und weltoffenen Augen sowie einer herzlichen Art begegnet er den Menschen. Wer mit ihm durch das Treppenhaus in der BBS 1 in Altenhagen läuft, wird sich schnell davon überzeugen können. Egal, wie früh der Morgen, alle ihm entgegenkommenden Personen freuen sich, „Kindi“, „Didi“, Dieter oder einfach „Herrn Kindler“ zu begegnen. Geboren ist Kindler 1956 in Graste bei Hildesheim, hat sich nach Realschule und Wirtschaftsgymnasium für das Theologiestudium in Berlin und Göttingen entschlossen. „Während ich zur Schule ging, nahmen meine Kumpels an Treffen der Evangelischen Jugend teil. Ich ging auch mal hin. Das ließ mich nicht mehr los: Nach dem Sinn des Lebens zu fragen, einen Halt im Leben zu finden, dem Glauben auf die Spur zu kommen.“ Bei einer Kirchenfreizeit 1973 hatte er ein Glaubenserlebnis: „Ich sah ein Licht und hörte Gottes Stimme, die zu mir sprach. Bis heute ist mir das unerklärbar, aber in mir verwurzelte sich ein Glaube an Jesus Christus, der mein Leben komplett veränderte.“ Vikariat in Himmelsthür: Der theologische Querdenker, wie er von Martin Teske humorvoll bezeichnet wird, leistet sein Vikariat in Himmelsthür. Und auch die Liebe seines Lebens findet er zu dieser Zeit: 1980 heiratet er seine Frau Monika, die er in der Evangelischen Jugend kennengelernt hatte. Tochter Kathrin kommt 1982 zur Welt, kurz vor dem Ende seines Studiums, und Esther 1983 während seiner Zeit als Vikar. 1985 tritt er seine erste Pfarrstelle in Hoheneggelsen an. Vier Jahre später führt ihn sein Weg nach Winsen/Luhe. Dort entdeckt Kindler nicht nur die Leidenschaft für „etwas andere Gottesdienste“, sondern intensiviert wieder sein Interesse für die Musik. Ob an Kirchentagen, auf Festivals oder Konzerten in ganz Deutschland, er musiziert mal allein, mal mit seiner Band. Die spielt Songs mit selbst komponierten deutschen Texten. Ganz alltägliche Gefühle betreffend, zum Denken anregend und auch über Probleme der Gesellschaft berichtend, begeisterten sie in den vergangenen Jahren immer mehr, so dass musikalische Auftritte für Dieter Kindler fest zu seinem Leben gehören. Nicht nur mit der Musik und seinem Lachen hat der „Clown Gottes“ (wie Kinder sich bezeichnet) dafür gesorgt, dass die Menschen in die Kirche kommen. Vom Landkreis Harburg aus führte er deutschlandweit die Thomasmesse ein, schuf experimentierfreudig neue Formen des Gottesdienstes wie den Krabbelgottesdienst, wirkte bei zahlreichen Veranstaltungen im Klostergarten während der Landesgartenschau mit und ist Mitinitiator der Kirchenstiftung St. Marien. Neue Herausforderungen in Celle: „Nach 20 Jahren in Winsen will ich mich neuen Herausforderungen stellen“, sagte er 2009 und startete damit seine berufliche Ära im Landkreis Celle. Und so ist er – nach einer Zusatzausbildung in Pädagogik – an der Berufsbilden Schule 1 für Wirtschaft und Verwaltung gleichermaßen für Schüler und Lehrer als Berufsschulpastor tätig und stellt sich dort Herausforderungen wie Rechtsextremismus und Mobbing. Als Seelsorger ist er in der Schule Begleiter für jedermann in schwierigen Situationen. „Egal, ob Trauerfall, Liebeskummer, Probleme am Arbeitsplatz oder sonstige Sorgen, ich habe für jeden, der Rat und Hilfe bei mir sucht, ein offenes Ohr, Zeit und Verständnis.“ Dieses entgegengebrachte Verständnis sowie seine Ruhe und Bereitschaft schätzen sie sehr an ihrem „Kindi“. „Ich werde hier aber auch als Pastor angesehen. Einige meiner Schüler durfte ich schon trauen und das ein oder andere Kind taufen, das ist dann noch einmal was ganz Besonderes. Ich wurde zudem auch schon von einer ezidischen Familie gebeten, eine Haussegnung zu übernehmen“, berichtet Kindler von seinen Erlebnissen. „Bitte singen Sie für uns“: Kindler ist an der BBS 1 auch Religionslehrer und versucht, den Unterricht für Schüler unterschiedlicher Glaubensrichtungen und Herkunftsländer offen zu gestalten. „Ich möchte, dass die Religion als Möglichkeit gesehen wird, mit dem Alltag umzugehen. Wir alle müssen uns den Kern der Religion anschauen, andere Glaubensrichtungen tolerieren und in den multireligiösen Dialog einsteigen.“ Und genau das verdeutlicht er seinen Schülern. „Die Frage nach dem Sein stellen wir uns regelmäßig. Wer bin ich? Wozu bin ich berufen? Wo komme ich her? Bin ich ein Zufallsprodukt oder gewollte Schöpfung? Das sind Fragen, die beschäftigen uns irgendwann.“ In seinem Unterricht lässt er die Schüler darüber diskutieren. Auf die Frage, ob die Schüler ihn auch als Musiker zum Idol haben, reagieren sie verblüfft. „Herr Kindler kann singen? Wo kann man sich das anhören?“ Unter anderem als Liveact sogar im Unterricht. „Herr Kindler bitte, singen Sie doch mal für uns“, betteln die Schüler neugierig. Und schon startet dieser mit einer beeindruckenden und rockigen Liveperfomance a cappella. Auf eine Zugabe mussten die Schüler leider verzichten, da die Stunde zu Ende war. Sie bekamen aber den Hinweis, dass man sich die Songs auch auf Youtube anhören kann. Und genau das taten sie dann auch in der Pause. Und das ist es, was die Schüler an ihrem „Didi“ schätzen. Ob als „herzensguter Mensch“, „Vertrauensperson mit einem immer offenen Ohr“ oder „lebenslustiger Kerl“, Kindler lässt seine Schüler zu Wort kommen, tauscht mit ihnen Erfahrungen aus und bereichert dadurch sein eigenes Wissen. Vorsitzender des Bildungs- und Schulausschusses: Wem kann man das auch verdenken? Mit Leib und Seele setzt er sich für andere Menschen ein. Als Vorsitzender des Bildungs- und Schulausschusses im Landkreis Celle koordiniert er neben seinen anderen Tätigkeiten auch die Kontakte zwischen Schule und Kirche. Kindler gestaltet im Unterricht gemeinsam mit seinen Schülern multireligiöse Gottesdienste. Mit denen setzen sie sich für Demokratie, Toleranz, Versöhnung und Gleichbehandlung aller Menschen ein. Zudem organisiert er Gottesdienste für Lehrende von insgesamt 84 Schulen des Landkreises Celle in der Stadtkirche und hält für Religionspädagogen spezielle Tagungen. Und wer Kindler einmal bei einem „gewöhnlichen“ Gottesdienst im Landkreis erleben möchte, hat in Wietzenbruch, wo er monatlich als „Gastpastor“ predigt, die Möglichkeit dazu. Obwohl Dieter Kindler nicht im Landkreis wohnt, so ist er durch seine Tätigkeiten doch eine „Celler Typ“ und mit dieser Stadt verbunden. Im nächsten Jahr wird es für ihn ruhiger – der Schritt in die Pension steht bevor. Energiebündel Kindler wird den Cellern aber sicherlich mit Schwung und ansteckender Fröhlichkeit noch länger erhalten bleiben. Von Denise Prier 1956 Geboren in Graste bei Hildesheim 1970 beginnt mit Gitarrenspiel 1980 Hochzeit mit Monika 1982 Geburt der ersten Tochter Kathrin 1983 Geburt der zweiten Tochter Esther 1994 erste Songs komponiert 1995 Gründung „Dieter Kindler & Band“, Album „Heute Nacht“ 1998 Produktion des 2. Albums „Lass und einfach Liebe denken“ 2003 Produktion des 3. Albums „Endlich mal frei“ seit 2009 Berufsschulpastor an der BBS 1 in Altenhagen

Berufsschulpastor Kindler - „Clown Gottes“