Einst handelte es sich um eine streng gesicherte Rüstungseinrichtung. Die ehemalige Heeresmunitionsanstalt Hänigsen blickt auf eine wechselvolle Vergangenheit zurück. Welche Hinterlassenschaften im Untergrund zurückgeblieben sind, ist bis heute ungeklärt.
Selten wäre der Ausdruck einer „Überlagerung von Gegenwart und Geschichte“ treffender als in Bezug auf das ehemalige Kalibergwerk Niedersachsen-Riedel. Während über Tage inzwischen die meisten sichtbaren Überreste verschwunden sind, erstreckt sich unter Tage immer noch ein weitläufiges Streckensystem alter Kalisalzstollen. Neben den üblichen Hinterlassenschaften ehemaliger Bergwerke werden in den Abbaustrecken sowie in deren angrenzenden Kammern bis heute noch brisante Rüstungsaltlasten vermutet, die aus jener Zeit stammen, als eine Munitionsanstalt des Heeres unter Tage untergebracht war. Eine Bestandsaufnahme der verbliebenen Rüstungsmaterialien gestaltet sich aus heutiger Sicht schwierig – falls nicht sogar unmöglich. Die historischen Zusammenhänge der Heeresmunitionsanstalt wurden von verschiedener Seite bereits umfassend aufgearbeitet. In einer dreiteiligen Beitragsreihe werden sie an dieser Stelle dargestellt.
Heer interessiert sich für Schachtanlage Riedel bei Hänigsen
Seit 1913 war das Kalibergwerk Riedel bei Hänigsen auf der 500-m-Sohle mit dem benachbarten Schacht Niedersachsen bei Wathlingen verbunden. Durch Umstrukturierungen befanden sich beide Schachtanlagen ab 1928 in Hand der Burbach Kaliwerke AG. Das Werk Riedel wurde während der Kalikrise stillgelegt – der Betrieb wurde auf Instandhaltungsmaßnahmen beschränkt – lediglich der Werksteil Niedersachsen bei Wathlingen produzierte weiter. Mit dem steigendem Bedarf an Rüstungserzeugnissen begann sich das Oberkommando des Heeres ab Mai 1936 für die Schachtanlage Riedel zu interessieren. Mehrere Sprengversuche zwischen 1936 und 1937 sollten zur Klärung über die notwendigen Sicherheitsabstände und die Abmessungen der untertägigen Lagerkammern beitragen, wobei die Versuchsabläufe ebenfalls den Betrieb der Ein- und Auslagerung von Munition auf den Strecken simulierten.
Verbindung zum Schacht Niedersachsen bei Wathlingen
Offenbar fiel bereits im Sommer 1936 die Entscheidung, das Werk Riedel zu Heereszwecken zu nutzen – seit dem 1. März 1937 stellte die Burbach AG sowohl das Werksgelände als auch den Schacht sowie alle dazugehörigen Gebäude und Anlagen für die Herrichtung durch den Betrieb der Munitionsanstalt zur Verfügung. Auf Veranlassung des Oberbergamtes wurde in der Verbindungsstrecke zum Schacht Niedersachsen eine doppelte Dammtür-Anlage eingebaut, um die Arbeiter im Schacht Niedersachsen im Falle einer untertägigen Explosion zu schützen – einerseits vor eintretendem Grundwasser und andererseits vor giftigen Gasen. Laut Stammblatt der Heeresmunitionsanstalt wurde die Einrichtung am 1. Mai 1938 als solche funktionell aufgestellt und war zunächst dem Feldzeugkommando XXX (Kassel) unterstellt.
Produktion von Munition zunächst oberirdisch im „Waldlager“
Die Produktion erfolgte anfangs ausschließlich oberirdisch im sogenannten „Waldlager“ – einem Fertigungskomplex, bestehend aus vier dreigeschossigen Arbeitshäusern sowie Nebengebäuden, der sich am südlichen Ende des Forstes „Brand“ zwischen Wathlingen und Hänigsen befand. Heute liegt der nördliche Teil des Areals im Landkreis Celle – der südliche Bereich liegt in der Region Hannover.