Die Bahnhofstraße in Celle verläuft südlich der heutigen Triftanlagen und geht ursprünglich auf die hier von alters her bestehende westliche Ausfallstraße Celles in Richtung Nienburg zurück. Der ursprünglich nur befahrbare Kiesweg wurde einst „Nienburger Weg“ oder „Hägerstraße“ (1846) genannt; erst seit 1893 lautet der Name „Bahnhofstraße“ (zwischenzeitlich von 1933 bis 1945 „Hindenburgstraße“, nach Reichspräsident Paul von Hindenburg). Im stadtnahen Ostteil Neuenhäusen (einst Westceller Vorstadt) ist die Bahnhofstraße geprägt von barocken Palaisbauten, von denen eines in diesem Beitrag vorgestellt werden soll: das Haus Bahnhofstraße 4. Dabei beschränkt sich dieser Text auf das 18. Jahrhundert. Das Gebäude dokumentiert einmal mehr die Tatsache, dass die Bahnhofstraße zwischen der Hannoverschen und der Breiten Straße zu einer beliebten Wohngegend des französischen Celler Hofadels zählte.
Ursprüngliches Fachwerkhaus war zweigeschossig
Das 1682 an dieser Stelle von dem Hofrademacher Heinrich Reinhard ursprünglich erbaute Fachwerkhaus war zweigeschossig und neun Gefache breit. Doch im selben Jahr wird bereits ein Franzose namens de Villars als Hauseigentümer angeführt. Hier könnte es sich um den aus der Normandie stammenden Gabriel de Villars-Malortie handeln, der zu den vor der Aufhebung des Edikts von Nantes nach Celle eingewanderten Hugenotten zählt. Der Adelige wurde zunächst Stallmeister der Herzogin Eléonore d’Olbreuse, stieg aber später zum Oberhofmeister bei der „Prinzessin von Ahlden“ und zum Amtsvogt in Winsen/Aller auf. 1682 heiratete er Julienne d’Esquet de Belleville, mit der er zusammen sage und schreibe 13 Kinder bekam.
Um- oder Neubau Mitte des 18. Jahrhunderts
Das heute erhaltene Gebäude zeigt nicht mehr die typischen Fachwerkmerkmale vom Ende des 17. Jahrhunderts, sondern wurde wegen seiner gesimsverkleideten und geringen Geschossvorkragungen sowie den rhythmischen Ständerstellungen entweder umfassend umgebaut oder möglicherweise erst gegen Mitte des 18. Jahrhunderts neu errichtet. Die von einem Zwerchhaus bekrönte Fassade muss man sich ehemals einfarbig gestrichen vorstellen – und damit einen Steinbau nachbildend –, wie dies manch anderer Bau in der Vorstadt mittlerweile wieder vorführt. Die Fassadenproportionen waren ehemals anders, da das Erdgeschoss höher lag: Straßenanhebungen an der Bahnhofstraße um ungefähr einen halben Meter haben zu einer Höherlegung der Schwelle und einem Verschwinden des Steinsockels und der Freitreppe geführt. Auf der linken Hausseite existierte ehemals eine Durchfahrt zum rückwärtigen Hof und den dortigen Nebengebäuden, die teilweise noch auf die Barockzeit zurückgehen dürften. Im Vorderhaus stammt auch die mehrläufige prächtige Brettbalustertreppe aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts; sie führt in die Repräsentationsräume der Beletage im Obergeschoss.