Wasserstraße bei Celle : Darum lohnt sich ein Spaziergang am Fuhsekanal

Alter Kanal – Fuhsekanal – Fuhse-Aller-Kanal: Die rund zwölf Kilometer lange, künstlich angelegte Wasserstraße im Kreisgebiet von Bennebostel nach Hambühren hat mehrere Namen und ist schon über 250 Jahre alt. Ein Spaziergang entlang des Kanals ist interessant, findet Wolfgang Piening. „Sie haben Ihr Ziel erreicht!“ teilt so manches Navigationsgerät Autofahrern mit, wenn sie auf der B 3-neu fahren und die Brücke über den Fuhsekanal in Bennebostel passieren: Das Ziel „Bennebostel 3“ ist nicht in allen Navi-Varianten bekannt. Dabei ist Bennebostel 3 das Haus des ehemaligen Kanalwärters. Kanalwärterhaus in Bennebostel: Jetzt wohnt auf dem rund zwei Hektar großen Grundstück Stephan von Dewitz. „Ich habe das Land mit dem Haus 1988 von der Erbengemeinschaft Krüger gekauft. – Da gab es kein Strom und kein Wasser.“ Hier habe der Kanalwärter gewohnt, und weil ihm das Einkommen aus dem Job nicht ausreichte, wurden ihm zusätzlich noch Flächen zur Eigennutzung zur Verfügung gestellt, weiß von Dewitz. „Weil das dadurch schon immer ein landwirtschaftlicher Betrieb war, gab es keine Bedenken mit der Modernisierung des Hauses im Außenbereich.“ Jetzt hält von Dewitz Pferde, denn er ist leidenschaftlicher Jagdreiter und Mitglied der Niedersachsenmeute. Waldgaststätte war das Kanalwärterhaus: „Auf der rechten Seite ist kurz hinter der Brücke bei Bennebostel das alte Kanalwärterhaus zu sehen“, sagt der Celler Wolfgang Piening, der den Kanal genauer untersucht hat. „Auf der gesamten Länge des Kanals wurden zwei Kanalwärterhäuser gebaut, als Wohnung für den Kanalwärter. Eines bei Bennebostel, das andere im Wietzenbruch. „Die heutige Waldgaststätte ‚Alter Kanal‘ war das Kanalwärterhaus im Wietzenbruch. Die Kanalwärter hatten die Aufgabe, den Kanal sauber zu halten, Schilf zu mähen und das Wasser am Fließen zu halten.“ Von 1766 bis 1769 wurde gegraben: Der Alte Kanal wurde in den Jahren von 1766 bis 1769 von der Oberallerkorrektionsgesellschaft gegraben. „Das war eine zu der damaligen Zeit enorme Leistung – mit viel Handarbeit bei wenigen vorhandenen Hilfsmitteln. Zumal der Höhenunterschied und das Gefälle sowie der Durchstich durch die Sanddünen bei Hambühren berechnet werden mussten“, bewundert Piening die damalige Ingenieursleistung. Der alte Adamsgraben, gebaut von 1535 bis 1592, entwässerte zu der Zeit schon große Teile des damaligen Wietzenbruches, reichte aber bei weitem nicht aus. So wurde der Alte Kanal, damals auch der Neue Kanal oder auch Fuhse-Aller-Kanal genannt, zur Hochwasserentlastung und auch zur Entwässerung der Westerceller Masch und des Wietzenbruches gebaut. Ententeich von Karte verschwunden: Piening hat herausgefunden: Auch ein Flachsee, der sogenannte Ententeich, der sich in dem Gebiet der heutigen Südheese, des Flugplatzes und des Kiebitzsees befand, wurde so nachhaltig entwässert, dass der See auf einer Karte von zirka 1750 noch eingezeichnet ist und in der Karte der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1769 schon nicht mehr. Vier Eisenbahnbrücken und drei Hauptstraßen überqueren den Alten Kanal: „Bei Bennebostel steht noch heute die Brücke der ehemaligen Bahnstrecke Celle–Braunschweig. Heute ist das ein schöner Radweg. Gleich hinter dem Zufluss der neuen Aue zum Alten Kanal ist die Eisenbahn Celle–Hannover. Und etwa einen Kilometer weiter quert die Strecke Celle–Hannover über Langenhagen, die ehemalige Hasenbahn, den Kanal. Wichtige Straßen überqueren den Kanal: Hinter dem Flugplatz Wietzenbruch befindet sich die Brücke der abgebauten Bahnlinie Celle–Schwarmstedt, ein Teil der früheren Allertalbahn von Gifhorn bis Verden/Bremen“, weiß Piening. Und drei wichtige Straßen überqueren den Kanal: die Hannoversche Straße/B3 in Adelheidsdorf, die Fuhrberger Straße und die Nienburger Straße kurz vor Hambühren sowie einige kleinere Verbindungsstraßen. „Und inzwischen auch noch die neue Umgehungsstraße“, sagt Piening. „Genau dort, wo die Aue in die Fuhse mündet, macht die Fuhse einen Bogen. Da ist auch der Anfang des Alten Kanals: Bei genauer Betrachtung sieht man bei normalem Wasserstand einen kleinen Höhenunterschied zwischen Fuhse und Aue. Das Wasser der Aue ist etwa 20 Zentimeter höher.“ Hochwasserschutz für Celle: Bei höherem Wasserstand fließt, wie von der Oberallerkorrektionsgesellschaft als Hochwasserschutz für Celle gedacht, ein Teil des Fuhsewassers entlastend in den Kanal. „Die neue Aue bringt dem Kanal viel Wasser und man sieht auch deutlich die bräunliche Färbung des Auewassers, Moorwasser aus den Moorgebieten hinter Adelheidsdorf und Ehlershausen“, beschreibt Wolfgang Piening die Situation. Mit mehr als doppelt so viel Wasser fließt der Kanal, nun auch mit höherer Fließgeschwindigkeit unter der sogenannten Hasenbahn zum Flugplatz Wietzenbruch, den der Kanal durchquerte. „Das alte Bett des Kanals ist am Beginn des Flugplatzes noch gut zu erkennen, aber aus Sicherheitsgründen oder wegen maroder Brücken wurde der Kanal umgeleitet.“ Das neu gegrabene Bett des Kanals wurde landschaftlich gut gestaltet und lädt zum Spazierengehen ein. Adamsgraben bringt Moorwasser mit: Später dann biegt der Kanal nach rechts. Der Adamsgraben bringt sein Wasser aus den Moorgebieten von Großmoor und dem Wietzenbruch zum Kanal. Hier sind große Dünen zum Abfluss des Kanals durchstoßen worden, denn früher bildeten sich durch Bodenerosion in dem heutigen Neustädter Holz viele Sanddünen, die viel fruchtbaren Boden unter sich begruben und erst in preußischer Zeit durch das Pflanzen von Kiefern befestigt wurden. „Die Sanddüne am Sportplatz in Hambühren ist die letzte erkennbare Düne“, sagt Piening. Dünen werden durchbrochen: Gut fünfhundert Meter hinter dem Adamsgraben führt die Nienburger Straße über den Kanal und links des Kanals sind schon die Häuser von Hambühren zu sehen. „Der Kanal durchbricht hier noch einige Dünen, lässt den Friedhof von Hambühren rechts liegen und durchfließt sehr schnell die letzte Brücke.“ Das ist eine Steinbrücke mit zwei Durchlässen, gebaut 1795 – ein Unikum im Landkreis Celle. Piening: „Weiter geht es durch die Wiesen des Allertales bis zur Aller, in die der Alte Kanal mündet, und wenn man es nicht besser wüsste, könnte man ihn für einen Fluss halten …“ 14 Kubikmeter auf einen Meter: Wie Steffen Hipp vom Unterhaltungsverband Fuhse-Aue-Erse ergänzt, wurde mit Ausbauarbeiten des Kanals im April 1931 begonnen. „Im Juli 1934 wurden die Arbeiten vollendet“, zitiert Hipp aus dem Bericht „Fuhsekanal und die Verbesserung der Hochwasserverhältniss der Stadt Celle“: „Für den Ausbau des Fuhsekanals sind 90.000 Kubikmeter Boden bewegt worden, die zum größten Teil wieder im Profil verbaut werden konnten, so dass seitliche Ablagerungen nur in geringem Umfang nötig geworden sind. Im Durchschnitt sind acht Kubikmeter auf den laufenden Meter ausgehoben – die höchste Menge war 14 Kubikmeter auf einen Meter.“ Alter Torfschiffgraben: Piening weist außerdem noch auf den alten Torfschiffgraben hin, der bis zum Bau des Alten Kanals die Celler Bürger mit Brenntorf versorgte und einen Meter tief und bis zu acht Metern breit war. Er wurde im Zuge des Kanalbaues 1765 aufgegeben und fiel trocken. Piening: „Die Reste des Torfgrabens, auf denen flache Kähne Torf zum Heizen nach Celle transportierten, sind auch heute noch an der Straße von Westercelle nach Bennebostel zu erkennen. Durch den tiefer liegenden neuen Kanal fiel auch der Torfkanal trocken.“ Von Lothar H. Bluhm Der Celler Wolfgang Piening besuchte ab 1951 die Wietzenbruchschule – damals noch an der Fuhrberger Straße – und kreuzte auf seinem Fußweg täglich den Alten Kanal. „Während der Schulzeit hat mich der Graben praktisch immer begleitet“, erinnert sich der Hobby-Historiker heute: „Jeden Tag mussten wir den Alten Kanal auf unserem Weg zur Schule an einer Stahlkonstruktionsbrücke, an der wir uns oft nasse Füße und eingerissene Hosen holten, überqueren. Mich verbinden aber viele schöne Erinnerungen mit der Schule und auch mit dem Kanal, der für manche Mutprobe herhalten musste.“ Piening berichtet weiter, dass sein Lehrer Fritz Pape damals erheblich zu seiner Begeisterung für das Fach Geschichte beigetragen hat. „Und das ist bis heute so geblieben.“ Kein Wunder, dass er bis vor einiger Zeit täglich Radtouren entlang des Kanals bis nach Hambühren unternahm. Kein Wunder auch, dass er die Geschichte des 11,6 Kilometer langen Gewässers in aufwändigen Recherchen in Archiven, Ämtern und Institutionen aufgearbeitet und aufgeschrieben hat.

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