Kinderschutzbund Celle stellt Tätigkeitsbericht für das Jahr 2020 vor

Ein Jahr zuvor stand noch die Fridays-for-Future-Bewegung im Zentrum der Aufmerksamkeit. Dann folgte die Coronakrise. Kinder und Jugendliche haben in jüngster Zeit viel erlebt und mitmachen müssen. So sehen es zumindest Bernd Menzel und seine Mitstreiter. „Kinder und Jugendliche waren in besonderer Weise betroffen durch die Schließung von Schulen, Kitas und Spielplätzen“, schreibt der Vorsitzende des Kinderschutzbundes Celle in seiner Jahresbilanz. Auch die Arbeit des Vereins sei über weite Strecken nicht so möglich gewesen wie gewohnt. Kinder nur als Virenträger in der Diskussion? „In der Zeit, in der wir unseren Betrieb weitgehend einstellen und die Gruppenangebote komplett schließen mussten, war unser erstes Anliegen, erreichbar zu bleiben und, so weit wie möglich, den Kontakt zu den Kindern und Familien zu halten. Aber auch wichtige Informationen bereitzustellen, Anregungen für Beschäftigungen in Corona-Zeiten zu geben und nicht zuletzt auf die belastende Situation von Kindern und Jugendlichen hinzuweisen. Kamen diese doch in der öffentlichen Diskussion kaum oder nur als mögliche Virenträger beziehungsweise in ihrer Rolle als Schüler vor“, so Menzel. Arbeitsstunden und Mitgliederzahlen: 3767 Arbeitsstunden haben die zehn hauptamtlichen und 33 ehrenamtlichen Mitarbeiter sowie fünf Praktikanten und ein Ein-Euro-Jobber im vergangenen Jahr geleistet – 416 Arbeitsstunden mehr als im Jahr 2019. Bei den Mitgliederzahlen gab es kaum eine Veränderung: 2020 zählte Menzel mit 137 Unterstützern ein Mitglied weniger als noch im Jahr zuvor. Bedarfstüten aus der Schatzkiste: Die Schatzkiste, den Second-Hand-Shop neben der Geschäftsstelle, besuchten pro Öffnungstag durchschnittlich 24 Kunden. Die überwiegende Zahl (16 Kunden) kam vormittags vorbei. „Die Schatzkiste ist normalerweise ein wichtiger Treffpunkt, überwiegend für Mütter des Stadtteils. Somit dient sie nicht nur als Familienhilfe, sondern auch als Kontaktstelle“, so der Kinderschutzbund Celle. „Durch den Lockdown war es für die Kunden sehr schwierig, ihre Kinder einzukleiden. Da ein öffentlicher Verkauf teilweise nicht stattfinden konnte, bot der Ortsverband sogenannte Bedarfstüten an, die bestellt werden konnten.“ Die Tüten wurden entsprechend der Kundenwünsche zusammengestellt. Obenauf gab es noch kleine Präsente. Die Arbeit wurde überwiegend durch zwei hauptamtliche Teilzeitkräfte und ehrenamtliche Mitarbeiter bewältigt. Zwischen Telefon-Gesprächen und persönlichen Treffen: Die Eltern-Kind-Gruppe besuchten 2020 durchschnittlich zehn Elternteile mit ihren Kleinkindern bis drei Jahre. Während der Gruppenzeit findet ein zwangloser Austausch zwischen den Eltern untereinander statt. Die Mitarbeiter regen die „Hilfe zur Selbsthilfe“ an und stehen für Erziehungs- und Alltagsfragen zur Verfügung. Coronabedingt hat sich auch hier vieles verändert: Im ersten Lockdown wurde der persönliche Kontakt zwischen den Mitarbeitern und den Eltern auf Telefon und WhatsApp beschränkt. Nach den ersten Lockerungen konnte ein Gruppenangebot in den Räumen der Neustädter Kirchengemeinde mit bis zu zehn Personen besucht werden. Ab Herbst blieben wieder nur der Telefonkontakt und Einzeltreffen zum persönlichen Austausch. Die Gruppe wird von einer Fachkraft und einer ehrenamtlichen Kraft betreut. Tüten mit Kreativ-Vorschlägen: Das Kidstreff ist ein Angebot für Kinder bis zwölf Jahre, die hier immer montagsnachmittags zusammenkommen. „Den Kindern wird in dieser Zeit in einer geschützten und angenehmen Atmosphäre der Raum gegeben, um sich wohl zu fühlen und spielerisch neue Erfahrungen zu machen“, erläutert Menzel das Programm. Kinder unterschiedlicher Herkunft spielen, basteln, kochen und essen miteinander. Durchschnittlich 15 Schüler nutzten das wöchentliche Angebot. Während des ersten Lockdowns wurden jeden Montag in einer Kiste kleine Tüten vor die Tür gestellt, die sich die Kidstreff-Kinder abholen konnten. Die Tüten waren gefüllt mit aktuellen Informationen sowie verschiedenen Mal-, Bastel- und anderen Kreativangeboten. Im Sommer wurde, überwiegend im Freien, wieder mit bis zu zehn Kindern gestartet. Da sich immer mehr Kinder angemeldet hatten, gab es einen 14-tägigen Wechsel. Beim zweiten Lockdown bekamen die Kinder regelmäßig Briefe mit Informationen und netten Worten nach Hause gesendet. Die Gruppe wird von einer Fachkraft und zwei ehrenamtlichen Kräften betreut. Ins Kino gehen: Die Jugendgruppe nutzten in der Regel fünf bis acht Jugendliche ab 13 Jahre bis zum ersten Lockdown. Durch eine zweckgebundene Spende konnten die Jugendlichen zwei Filme im Kino Kammerlichtspiele ansehen. Nach dem ersten Lockdown fanden die Treffen überwiegend im Freien statt. Der Kontakt konnte über Briefe an die Jugendlichen und über das Telefon gehalten werden. Die Gruppe wird von zwei Fachkräften betreut. Hilfe vermitteln: Die Infostelle für Familien beschäftigte sich 2020 insgesamt mit 60 Fällen. „Ziel ist es, die Hilfesuchenden mit Informationen zu ihrem ganz persönlichen Anliegen zu versorgen. In den meisten Fällen geht es darum, die passende Anlaufstelle, Beratungseinrichtung oder beispielsweise eine Selbsthilfegruppe zu nennen“, schreibt Menzel. „Hier bietet Celle ein gutes Netzwerk und in der Beratung können in der Regel weiterführende Unterstützung und notwendige Hilfen herausgefunden und bei Bedarf weitervermittelt werden.“ Malen gegen Langeweile: Um den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen trotz Lockdown aufrecht zu erhalten, rief der Kinderschutzbund Celle zu Kreativwettbewerben ohne Bewertung auf. Themen waren unter anderem Lieblingsrezepte und Wünsche für das Jahr 2021. Bei einem der letzten Wettbewerbe wurden dem Ortsverband über 80 Bilder zugesandt, die eine Zeit lang in den großen Schaufenstern der Geschäftsstelle ausgehängt wurden. Alle Exemplare sind auf www.kinderschutzbund-celle.de unter dem Reiter „Aktuelles/Kreativwettbewerbe“ zu finden. Kinderrechte stärken – diese Aufgabe hat sich der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) auf die Fahnen geschrieben. "Wir möchten eine kinderfreundliche Gesellschaft, in der die geistige, psychische, soziale und körperliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gefördert wird", ist auf der Webseite des Vereins zu lesen. Kinderrechte im Grundgesetz verankern: Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, die 1992 von Deutschland unterzeichnet wurde, bildet die Grundlage für alle Aktivitäten des DKSB. Um den Kinderrechten eine stärkere Bedeutung zu geben, ist es das Ziel des Vereins, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden. Diese sind zum Beispiel: das Recht auf kindgerechte Entwicklung, auf gute Versorgung, auf Schutz vor seelischer und körperlicher Gewalt sowie das Recht auf Mitbestimmung. Die Regierungsparteien hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Für die geplante Grundgesetzänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat erforderlich. Im parlamentarischen Verfahren über das Vorhaben Anfang Juni dieses Jahres konnte jedoch keine interfraktionelle Einigung erzielt werden. Schutz der Kinder vor Diskriminierung und Gewalt: Der DKSB setzt sich ein für die Verwirklichung einer kinderfreundlichen Gesellschaft sowie die Förderung der geistigen, psychischen, sozialen und körperlichen Entwicklung von Kindern. Dabei werden die unterschiedlichen Lebenssituationen von Mädchen und Jungen besonders berücksichtigt. Weitere Ziele sind unter anderem der Schutz der Kinder vor Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt jeder Art, soziale Gerechtigkeit sowie eine dem Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen angemessene Beteiligung bei allen Entscheidungen, Planungen und Maßnahmen, die sie betreffen. Geschichte des Deutschen Kinderschutzbundes: Vorgänger des Kinderschutzbundes war der "Verein zum Schutz der Kinder vor Ausnutzung und Misshandlung". Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand in Deutschland keine verbandliche Kinderschutzarbeit. Der Hamburger Arzt Fritz Lejeune gründete schließlich im Jahr 1953 den DKSB. Silvia Seibel, Geschäftsführerin des Kinderschutzbund-Ortsverbandes Celle, setzt sich schon seit über 30 Jahren für das Wohl von Kindern ein: "Sie brauchen Liebe genauso wie Essen und Trinken, das stärkt sie für ihr gesamtes Leben. Wenn wir sozial starke Erwachsene haben wollen, müssen wir bei den Kindern beginnen."