In den vergangenen zwei Jahren fiel die Hannover-Messe coronabedingt aus, nun findet sie nach pandemiebedingter Verschiebung vom 30. Mai bis 2. Juni statt. Offizielles Partnerland ist in diesem Jahr Portugal. Über die Bedeutung des Landes für die hiesige Wirtschaft unterhielt sich CZ-Redakteur Klaus M. Frieling per Videoschalte mit dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied der in Lissabon ansässigen Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer, Hans-Joachim Böhmer. Der freut sich als „weltenbummelnder“ gebürtiger Celler, mit der portugiesischen Partnerland-Beteiligung ein Projekt zu begleiten, das so nah an seiner Geburtsstadt umgesetzt wird.
Wie kommt man aus dem beschaulichen Celle in eine wirtschaftliche Führungsposition in Portugal?
Mein Vater hat bei der Ölfirma Gewerkschaft Elwerath gearbeitet. Weil er Spanisch sprechen konnte, war er in die Koordination der Aktivitäten in Spanien eingebunden – und die ganze Familie ist dann auch bald mitgezogen. So hat im Alter von drei Jahren mein internationaler Lebenslauf begonnen. Ich werde in diesem Jahr 65 Jahre alt – davon habe ich gerade mal 20 Jahre in Deutschland verbracht. Seit 1998 lebe und arbeite ich in Portugal, war auch zuvor beruflich in mehreren anderen Ländern für deutsche Auslandshandelskammern tätig.
Was macht eine Auslandshandelskammer?
Wir sind die Schwesterorganisation der Industrie- und Handelskammer, bekannt als IHK, in mehr als 90 Ländern, Interessenvertreter und Dienstleister für deutsche Firmen vor Ort, verstehen uns als Brückenkopf in andere Märkte. Auslandshandelskammern arbeiten in beide Richtungen, helfen auch Firmen in den jeweiligen Ländern, geschäftlich in und mit Deutschland aktiv zu werden. Deutschland ist nicht nur im Export stark, seine Firmem haben auch weltweit viele und wichtige Handels- und Kooperationspartner, die für die deutsche Wirtschaft sehr wichtig sind – und die Auslandshandelskammern helfen auch bei diesen Partnerschaften. Und Kaufkraft in anderen Ländern ist auch im Interesse deutscher Firmen, sie schafft wieder Exportmöglichkeiten.
Wie funktioniert das konkret?
61 Mitarbeiter der Auslandshandelskammern sorgen in Portugal für Kontakte zwischen heimischen und deutschen Unternehmen und Handel, Investitionen, Kooperationen. Zudem betreibt die Deutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer im Lande drei Zentren für die duale Ausbildung. Wir verzeichnen in Zusammenarbeit mit deutschen wie portugiesischen Firmen 1000 bis 1100 Auszubildende jährlich – das ist ein Referenzprojekt der dualen Berufsausbildung, geschätzt und unterstützt von der portugiesischen Regierung. Die Abschlüsse sind in beiden Ländern anerkannt. Und wir bieten im umfangreichen Weiterbildungsprogramm auch Deutschkurse an. Unsere Sprache hat infolge der wirtschaftlichen Kontakte in den vergangenen Jahren an Interesse gewonnen. Neben einer seit Jahrzehnten starken Industrieproduktion deutscher Unternehmen im Lande sind seit Jahren viele Service-Center auch deutscher Unternehmen nach Portugal gekommen.
Die Auslandshandelskammer in Portugal wurde 1954 gegründet. Können Sie etwas zu den Wirtschaftsbeziehungen zwischen Portugal und Deutschland sagen?
Portugal ist vielfach vor allem für Kork und Oliven bekannt – und als Urlaubsland. Wenig bekannt ist sein relativ hoher Industrialisierungsgrad. Deutschland ist nach Spanien größter Handelspartner. Mehr als 500 deutsche Firmen mit über 65.000 Arbeitsplätzen sind in Portugal tätig. Es ist ein interessantes Land für Investitionen, auch für wirtschaftliche Kooperationen.