Winser mit Taser bedroht: "Das war Lebensgefahr"

Es geht um eine kaputte Beziehung und Geldgier: Zwei Seniorinnen sollen in Winsen einen Mann bedroht und von ihm 150.000 Euro verlangt haben. Dabei spielte auch ein Elektroschocker eine Rolle. Am Donnerstag startete vor der 9. Kleinen Strafkammer am Landgericht Lüneburg der Prozess. Seniorinnen sollen Mann in Winsen bedroht haben: Christiane L. aus Amelinghausen (Kreis Lüneburg) arbeitete Jahrzehnte als Krankenschwester, ihre Freundin Inge W. aus Tespe (Kreis Harburg) als kaufmännische Angestellte. Beide Frauen sind 73 Jahre alt und noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Jetzt drohen ihnen viele Jahre Gefängnis. Wegen versuchter räuberischer Erpressung vor Gericht: Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden versuchte besonders schwere räuberische Erpressung vor. Am 18. April fuhr das Duo nach Winsen. Kurz nach 17 Uhr trafen die Frauen am Getreidering ein. Dem Ermittlungsbericht zufolge drängte Christiane L. den Mann, mit dem sie sechs Jahre verheiratet war, in die Wohnung zurück, hielt ihm einem Elektroschocker vor und forderte die Überweisung mehrerer hunderttausend Euro binnen zehn Tagen. Die Mitbeschuldigte Inge W. stand Schmiere. Das Motiv, so die Staatsanwältin, sei gewesen, dass die Angeklagte L. sich nach der Scheidung 2015 übervorteilt sah und auf diese Weise weitere Ansprüche erhob. Freispruch vor Amtsgericht Celle: Das Amtsgericht Celle sprach beide Frauen eine Woche vor Weihnachten vorigen Jahres frei. Die Staatsanwaltschaft ging in Berufung. Deshalb muss das Landgericht in Lüneburg die Strafsache erneut verhandeln. Frauen-Duo verneint vor Landgericht Lüneburg Anwendung von Gewalt: Die Angeklagten bestätigten den Besuch in Winsen, bestritten aber vehement, Gewalt angewandt und mit einem Elektroschocker herumgefuchtelt zu haben. "Ich habe mir zu dem Besuch keine Gedanken gemacht", berichtete die 73 Jahre alte Inge W. dem Vorsitzenden Richter Matthias Steuernagel. Ihre Freundin habe sie an dem Tag zu einem Ausflug "in die Region Celle" überredet, so W., die in Tränen ausbrach und erst nach längerer Pause weiterredete. "Es ist ein Albtraum. Mich belastet das alles so, ich stehe am Rande eines Nervenzusammenbruchs." Angeklagte Christiane L. wollte Geld verlangen: Christiane L. präsentierte sich deutlich nüchterner. "Ich wollte das Gespräch suchen und das Geld einfordern. Dass das so eine Form annahm, verstehe ich nicht", sagte sie vor Gericht. Das Unrecht der Tat erkannte die 73-Jährige nicht. Stattdessen beklagte die ehemalige Krankenschwester "eine Ohnmacht" gegenüber den Strafverfolgungsbehörden. Opfer Wolfgang K. sah sich in Lebensgefahr: Wolfgang K. belastet das Verbrechen nach wie vor sehr. "Ich hatte 2009 eine schwere Herzoperation und Christiane wusste, was ein Taser für mich bedeutet. Das Ding war scharf. Ich hörte das Knistern", gab der 71 Jahre ehemalige Werbemanger zu Protokoll. "Das war lebensgefährlich." Die Ehe "funktionierte" nicht mehr. Nach der Trennung habe sich Christiane L. geweigert, das damals gemeinsam betriebene Gestüt in Salzhausen (Kreis Harburg) zu verlassen. Zeuge: Inge W. soll Drohungen ausgesprochen haben: Auch auf das Verhältnis der mutmaßlichen Täterinnen untereinander ging K. auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters ein. Als Mitläuferin sieht der 71-Jährige Inge W. nicht. Sie sei aktiv dabei gewesen und habe Drohungen ausgesprochen. "So geht man mit uns Frauen nicht um", erinnerte sich der Zeuge. Der Prozess wird am 16. Mai fortgesetzt. Wann es zu einem Urteil kommt, ist derzeit noch unklar. Von Benjamin Reimers