Winsen treibt umstrittenen Schulanbau voran

Die Pläne für den umstrittenen Anbau an die Winser Grundschule werden immer konkreter. Bürgermeister Dirk Oelmann sagte auf CZ-Anfrage, dass der Bauantrag im Mai oder Juni beim Landkreis Celle gestellt werden soll. Anbau kostet drei Millionen Euro: Mit dem Bau des Drei-Millionen-Euro-Vorhabens könnte im Januar 2022 begonnen werden. „Wir gehen von etwa 18 Monaten Bauzeit aus. Die Inbetriebnahme ist für August 2023 geplant“, erklärte Oelmann. Aus baulicher Sicht seien derzeit keine Schwierigkeiten ersichtlich. Dass von baulicher Seite keine großen Einwände kommen, scheint klar. Der Landkreis Celle nimmt die Bauprüfung vor, schaut sich also zum Beispiel die Statik und den Brandschutz an. Er wird aber kaum in den Konflikt um die Größe der Grundschule eingreifen – und darum geht es ja eigentlich. Land schreibt vierzügige Grundschulen vor: Schließlich ist die Winser Grundschule zu groß. Das Land schreibt maximal vierzügige Grundschulen vor. Das Haus am Amtshof ist aber sechszügig. Weil ein geplanter Anbau diesen Zustand verfestigen würde, hatte die Landesschulbehörde erklärt, den Anbau nicht zu akzeptieren. Oelmann hatte daraufhin angekündigt, den Streit notfalls vor Gericht auszutragen. „Ich sitze das aus“, hatte er erklärt. Bewegung in den festgefahrenen Streit kam schließlich im Dezember, als die Grundschule sich zu einem Schulversuch bereit erklärte. Ein Schulversuch ist eine wissenschaftlich begleitete Probephase, in der mit Zustimmung des Kultusministeriums eine neue Organisationsform oder Unterrichtsmethode ausprobiert wird. Fahrplan bis Ostern: Im Fall von Winsen soll es um den Beleg gehen, dass auch eine große Schule sehr leistungsstark sein kann. Vielleicht ist sie auch leistungsstärker, weil ein großes Haus mehr Schulsozialarbeiter hat und alle Fächer jederzeit abgedeckt werden können. Die genaue Fragestellung des vierjährigen Schulversuchs in Kooperation mit der Uni Osnabrück sollte eigentlich zum Halbjahreswechsel feststehen. Das hat nicht ganz geklappt, die Coronakrise hat zu Verzögerungen geführt. „Bis Ostern soll ein Fahrplan feststehen, der dann von den Behörden noch abgesegnet werden muss“, sagt Schulleiter Frank Werner. Zum neuen Schuljahr soll der Schulversuch dann starten. Unterdessen hat der Celler Kreiselternrat Zahlen aus der aktuellen Schulstatistik des Landes Niedersachen vorgelegt. So gibt es in Niedersachsen 1652 Grundschulen. 96 Prozent dieser Schulen liegen innerhalb der per Verordnung festgelegten Grenze von vier Zügen, haben also maximal 16 Klassen, sagt der Elternratsvorsitzende Ronald Bahr. Der Schnitt liege bei 8,9 Klassen, das heißt im Schnitt 2,2 Züge. Darüber hinaus ist von 59 Grundschulen die Rede, die die Grenze in einigen Jahrgängen reißen – dies sei nach Angaben des Landes aber tolerabel. Die „Höchstzahlen dürfen vorübergehend überschritten werden“, heißt es. „Und dann gibt es immerhin zehn Schulen, die die Grenze derzeit in allen Jahrgängen verletzen – unter diesen ist Winsen der absolute negative Spitzenreiter. 22 Klassen hat sonst keine Grundschule in Niedersachsen“, fasst Bahr zusammen. Elternrat warnt vor "Lex Winsen": Er betont, dass die Verordnung und die Grundsätze „Kleine Systeme für kleine Schüler“ und „Kurze Wege für kurze Beine“ aus Elternsicht unverzichtbar seien. Schulträger und Schulbehörden würden das häufig anders sehen, weil große Systeme – also Gebäude und Lehrpersonal – in Relation zur Schülerzahl weniger kosteten. Bahr sagt: „Eltern sind gut beraten, auf die Einhaltung der Verordnung zu drängen, damit die finanziellen Interessen der Schulträger nicht zu Lasten ihrer Kinder gehen – eine ‚Lex Winsen‘ könnte einen Domino-Effekt auslösen und wäre daher sehr kritisch zu bewerten.“