Corona beendet „Hühner-Arbeitsgemeinschaft“

Eigentlich hätten die Schüler der Grundschule Winsen in den vergangenen Wochen eine Schar junger Hühner in ihren Pausen füttern können und aufwachsen sehen. Eventuell wäre daraus sogar ein Hühnerhaltungsprojekt geworden – Pläne dazu waren angedacht. Die einstweilige Schließung der Schule zum Schutz vor Corona hat eine frisch ins Leben gerufene „Hühner-Arbeitsgemeinschaft“ frühzeitig beendet. Immerhin konnten die Kinder die Küken noch schlüpfen sehen … „Endlich ist es soweit, unsere Babyhühner schlüpfen.“ Sophie (8) war ganz zappelig vor Aufregung und konnte es gar nicht erwarten, bis die Tür des Brutapparates geöffnet wurde. „Fast ewig“ hatten sie und die übrigen Teilnehmer an der Hühner-AG für Ganztagsschüler an der Winser Grundschule auf diesen Moment gewartet. Das Projekt war eine Kooperation mit Dieter Sobczak, Vorsitzender des Geflügelvereins Berger. Es sollte den Kindern mehr über Tierhaltung und Nachhaltigkeit vermitteln. Amüsante „Unterrichtsstunde“ vom Züchter persönlich: „Vor allem aber wollten wir Kinder und Tiere einander näherbringen“, so Dorit Lecht, sozialpädagogische Ganztagskoordinatorin der Schule. Die Idee zur Gründung einer „Hühner-AG“ war schon länger angedacht. Als dann Astrid Finke-Döring, ebenfalls pädagogische Mitarbeiterin und selbst Hühnerhalterin, den Kontakt zu Dieter Sobczak, leidenschaftlicher Hühnerzüchter und Gründer eines eigenen Hühnermuseums, herstellen konnte, wurde aus der Idee Realität. Mit dem Einverständnis der Schulleitung gestaltete man eine Ecke der Aula zur Ausstellungsfläche um: Mit Infotafeln, vielen Eiern, Gerätschaften und präparierten Tieren. Zur Eröffnung gab es eine amüsante „Unterrichtsstunde“ vom Züchter persönlich: voller Informationen, Geschichten rund um die Henne und das Ei – und über die natürliche Bedrohung des Hühnervolks von Fuchs, Iltis oder Marder. „Hühnerbabys“ zum Streicheln: Das Kernstück allerdings war der transportable Brutapparat, bestückt mit Dutzenden von Eiern. Durch die schmale Scheibe konnte man immer wieder ins Innere spitzen, wo bei konstanter Temperatur von rund 37,5 Grad die Eier etwa drei Wochen lang bebrütet werden – bevor daraus die sehnsüchtig erwarteten kleinen Daunenknäuel schlüpften. Bis es soweit sein sollte, hatte der Züchter zur Anschauung ein paar zarte Küken mitgebracht. Das hatte für großes Entzücken und ein dichtes Gedränge um die Absperrung gesorgt. Viele Kinderhände streckten sich den „Hühnerbabys“ entgegen, um eines davon einmal halten und streicheln zu dürfen – ganz vorsichtig natürlich. Scharfe Krallen und spitze Schnäbel: Außerdem hatte Dieter Sobczak drei ausgewachsene Hühnerpaare aus seiner Zucht mitgebracht – stolze Exemplare aus unterschiedlichen Rassen. Während die Kids den süßen Minis nicht nah genug sein konnten, hatten die Kinder vor den ausgewachsenen Vögeln großen Respekt. Mark (9): „Ich hätte nicht gedacht, dass die so riesig werden. Mit ihren scharfen Krallen und den spitzen Schnäbeln sehen sie echt gefährlich aus.“ Er habe zwar im Urlaub schon mal einen Elefanten angefasst, aber einem lebendigen Huhn sei er noch nie so nahe gekommen. „Genau deswegen haben wir das Projekt gemacht“ erklärt Dorit Lecht. „Die Kinder sollten den heimischen Tieren näher kommen, ein Bewusstsein und damit Verantwortung für diese Lebewesen entwickeln. Viele wissen kaum etwas darüber, wie ihr Frühstücksei auf den Tisch kommt. Wir haben auch über artgerechte Haltung und Lebenskreisläufe gesprochen. Tatsächlich hat es einige sogar animiert, in die Hühnerhaltung einzusteigen – das ist weit weniger schwierig, als es oft angenommen wird“. Schulschließung wegen Corona: Nur wenige Tage lang konnten die Kinder der Winser Grundschule „ihre“ Küken nach dem Schlüpfen besuchen und sie ins Herz schließen. Mit der Schließung der Schulen musste die Ausstellung samt Kükenstation vorzeitig weichen. Der Plan, vielleicht dauerhaft schuleigene Hühner zu halten, wurde erst einmal auf Eis gelegt. Trotzdem hat keines der 46 in der Schule geschlüpften Küken den Weg zurück in Dieter Sobczaks Stall gefunden, „das hat mich wirklich gefreut“. Einige landeten bei Menschen, die bereits Hühner halten. Einige aber bilden jetzt als Familienprojekt den Anfang für eine neue Hühnerhaltung im eigenen Garten. Von Doris Hennies