Besuch bei Huskys in Offensen: Andreas und Larissa Holstein züchten Hunde

Auf die innere Uhr ist Verlass. Anouk, Amarok, Ilanie, Gyda, Yaari, Nuri, Micco und Thaya wissen ganz genau, wann es etwas zu fressen gibt, wann geschlafen wird – und wann es hinaus geht auf die große, fußballfeldgroße Auslauffläche, die nur ein paar hundert Meter vom Haus der Familie entfernt ist. An der Wiese am Ortsrand von Offensen stellt Andreas Holstein den Motor seines Transporters ab, öffnet die Fahrertür, steigt aus, klappt die Tür zu. Das Jaulen und Bellen der acht Siberian Huskys im Laderaum zeigt: Die Hunde können es kaum abwarten, loszulaufen, zu toben, zu buddeln. Holstein öffnet die Hecktür, lässt die Hunde aus ihren Boxen. Da stürmen sie blitzschnell hinaus – der Jagdtrieb der Tiere ist sehr groß. Husky-Fieber von den Eltern übergesprungen: Die Hunde mit dem weichen, gescheckten Fell und dem treuen Blick haben es dem Ehepaar seit Jahren angetan. Ein Leben ohne die Tiere können sie sich nicht mehr vorstellen. Die Huskys, so kann man sagen, sind ihr Leben. Larissa Holstein hat die Leidenschaft in die Familie gebracht. „Meine Eltern haben mit der Haltung von Siberian Huskys angefangen. „Dann hat auch mich das Fieber gepackt“, erzählt die 40-Jährige. Huskys brauchen viel Bewegung und Streicheleinheiten: Vor gut 15 Jahren hat sich das Paar die ersten Hunde gekauft, dann begannen sie selbst die Tiere zu züchten. „Auch mich hat irgendwann das Fieber gepackt“, sagt Andreas Holstein. So groß der Bewegungsdrang der Huskys ist, so ruhig können sie auch sein. „Zu Hause sind sie ganz verschmust“, sagt der Familienvater. „Sie können dann sozusagen von 0 auf 100 kommen.“ Auch das ist eine Besonderheit dieser Hunderasse. Larissa Holstein beschreibt die Liebe zu den Tieren so: „Man dreht sich nach jedem Hund einmal um, nach Huskys dreht man sich zweimal um.“ Etwa alle drei Jahre gibt es Nachwuchs in Offensen: 2011 gab es den ersten Wurf, Nachwuchs steht etwa alle drei Jahre ins Haus. Immer mal wieder wird ein Tier hinzugekauft, ein anderes abgegeben – was dann schon schwerfällt. „Wir achten auf Harmonie im Rudel. Es ist wie mit Menschen: Manche Hunde vertragen sich einfach nicht“, erzählt Andreas Holstein. Seine Frau betont aber: „Wir geben Tiere nur ab, wenn wir wissen, dass sie woanders ein besseres Zuhause haben.“ Hunde haben viel Freiheit auf Grundstück der Familie: Bei der Familie mit ihren vier Kindern haben es die Hunde gut. Sie werden ordentlich „betüddelt“ – aber nur wenn sie es wollen. Und sie haben ihre Freiheit. Holsteins haben eine Art Parcours eingerichtet, ein „Hundetunnel“ führt die Tiere einmal rund ums Haus. Sie können klettern, spielen, schlafen. Jeder Hund hat seinen Bereich, wo er sich ausruhen kann. Die Tiere nehmen am Familienleben teil. „Sie sind sehr anhänglich und suchen unsere Nähe“, sagt Andreas Holstein. Und sie geben ihren Haltern viel zurück – gerade jetzt in der Corona-Zeit. „Dank der Huskys haben wir unser Machen und Tun. Und wir müssen bei Wind und Wetter raus.“ Je kälter, desto besser für Huskys: Die vergangenen zwei Wochen seien von der Witterung her „Luxus“ gewesen, meint der 49-Jährige. Endlich konnten sie ihre Tiere mal wieder vor der eigenen Haustür vor den Schlitten spannen. Anders als bei Menschen kann es den Hunden fast nicht zu kalt sein. Rennen werden nur von September bis März und bei Temperaturen bis zu 15 Grad gefahren, sonst ist es den Tieren zu warm. „Je kälter, desto besser laufen sie“, sagt Holstein. „Schlittenhunderennen in Mittelschweden sind der Traum jedes Züchters“, schwärmt er. Winter im Kreis Celle ist "Luxus" für Huskys und Züchter: Skandinavische Verhältnisse gab es in den vergangenen Wochen auch im Kreis Celle. Als eine geschlossene Schneedecke die Wege bedeckte und noch dazu die Sonne schien, konnten die passionierten Züchter endlich mal wieder ihren Longtrailschlitten nutzen. „Wir haben ihn damals gebraucht gekauft, weil wir ja hierzulande nicht oft die Möglichkeit haben, damit zu fahren“, sagt Andreas Holstein. Der Schlitten eignet sich vor allem für längere Strecken. Auch Gepäck kann in dem Gefährt verstaut werden – und die Kinder finden auch noch Platz zum Mitfahren. Bei Langstrecken-Touren legen die sogenannten Musher, also die Schlittenhundeführer, und ihr Gespann bis zu 700 Kilometer zurück. Geschlafen wird dann im Biwak. Auf die Plätze, fertig, los: Während die Hunde auf das Startzeichen warten, bereitet ihr Halter die Fahrt vor. Ein Gewicht von etwa 50 Kilogramm kann ein Husky im Schnitt ziehen, je nach eigenem Gewicht und Größe. Zur Sicherheit immer dabei: der Schnee-Anker, der im schneebedeckten Boden festgesetzt wird. „Damit die Hunde nicht einfach weiterlaufen, wenn wir mal anhalten müssen“, erklärt Holstein. Sind erst einmal alle Haken und Leinen an der richtigen Stelle, können die Tiere eingespannt werden. Sie jaulen, bellen und springen ungeduldig umher und können es kaum erwarten, bis ihr Musher das Startsignal gibt – dann gibt es kein Halten mehr und die Huskys stürmen los. Schlittenhunderennen 2020 ausgefallen: Vier bis fünf Rennen pro Saison gehören für Familie Holstein dazu. Die Geselligkeit wird dabei groß geschrieben, auf Gewinnen oder Verlieren kommt es der Familie nicht an. „Wir sind aus Spaß an der Freude dabei“, sagt Larissa Holstein. Auch die zehnjährige Finja als ältestes der vier Kinder wächst langsam in den Hundesport hinein. Pandemiebedingt mussten im vergangenen Jahr alle Rennen ausfallen. Im sächsischen Colditz sollte es Mitte März an den Start gehen. Kurz bevor sich Holsteins mit ihren Huskys auf den Weg machen wollten, kam der erste Lockdown. „Rennen sind für uns wie Urlaub. Freitags geht es nach Schule und Arbeit los. Man kann dabei super von allem abschalten“, sagt Larissa Holstein, Lehrerin an der Oberschule Lachendorf. Ihr Mann ist Tischler, den Transporter hat er für die Hunde selbst umgebaut. Andreas und Larissa Holstein wollen ohne Huskys nicht leben: 2004 hat das Paar sein Haus in Offensen gebaut. „Als der letzte Husky meiner Eltern starb, wusste ich, dass ich wieder welche haben will“, erzählt die Mutter. Als sie ihr eigenes Geld verdiente, wurde der erste Hund gekauft: Lina. Huskys aber sind Rudeltiere, sie brauchen Gesellschaft. So wurden es mehr und mehr Tiere, zwischenzeitlich lebten mal bis zu zwölf Hunde mit auf dem Grundstück. „Dabei sollte bei sechs Hunden eigentlich Schluss sein“, sagt Larissa Holstein und lacht. Ihr Mann, der aus Offensen stammt, hatte bis dahin mit den Tieren nichts am Hut. Seine Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb. Es gab Kühe, Schweine, Katzen, Hühner – nur keine Hunde. „Nach dem ersten Rennen 2008 auf der Trabrennbahn in Magdeburg habe ich Blut geleckt. Dabei haben wir Freunde kennengelernt, mit denen wir bis heute Kontakt haben“, erzählt Andreas Holstein. Jüngster Hund fünf Monate alt: Von fünf Monaten bis zu acht Jahren reicht die Altersspanne der acht Hunde. Yaari, die Tochter von Gyda und Amarok, stammt aus dem C-Wurf. Sie ist die Jüngste und noch sehr verspielt. Den nächsten Wurf plant Familie Holstein in zwei bis drei Jahren. „Langfristig lässt sich das nur schwer voraussagen. Wenn mal ein Hund krank wird, muss man umplanen“, sagt Larissa Holstein. Auch ein Hundeleben steckt eben voller Überraschungen. Text Text bold Text italic