NPD schickt Landeschef Dammann ins Rennen bei Bürgermeisterwahl in Eschede

Mitten in seiner Rede am frühen Nachmittag in Eschede lässt Sebastian Weigler, der Chef der Jungnationalisten in Niedersachsen, die Bombe platzen: Der NPD-Landesverband, der seit vergangenem Jahr im Besitz des Hofes Nahtz ist, stellt mit seinem Vorsitzenden Manfred Dammann für die Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr einen eigenen Kandidaten auf – es wird die Nachricht des Tages. Hier wird 2021 im Kreis Celle überall gewählt. Ruhiges Treiben in Eschede: Der Samstag vor dem vierten Advent. Auf den Parkplätzen vor den Einkaufsmärkten an der Bundesstraße 191 in Eschede herrscht gegen 13 Uhr gewöhnliches, ruhiges Treiben. Die Menschen gehen ihren Erledigungen nach. Dass sich kurz darauf auf beiden Seiten der Celler Straße zwei Gruppen bilden, scheint kaum jemanden zu interessieren. Die Autofahrer werfen einen kurzen Blick aus dem Fenster – und weiter geht's. NPD und ihre Gegner stehen sich gegenüber: Eine ältere Frau schiebt ihr Fahrrad an der Menschentraube entlang der Bundesstraße vorbei. Sascha Alius, der Versammlungsleiter der Mahnwache des Bündnisses gegen Rechtsextremismus, weist darauf hin, die Abstände einzuhalten und Masken zu tragen. Seine Verbündeten machen Platz für die Radfahrerin. "Wir sind die Guten", ruft jemand aus der 15 Personen großen Gruppe – die Frau geht vorbei. Sebastian Weigler und Co. bauen Infostand auf: Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite baut die NPD um Sebastian Weigler, den Landeschef der Jungnationalisten, ihren Infostand auf, es werden Broschüren ausgelegt. "Nachbarschaft Eschede" steht groß auf einem Transparent. Vier Neonazis stehen am Straßenrand und schwenken NPD-Fahnen, ein paar weitere bleiben im Hintergrund, nicht alle halten sich an die Maskenpflicht. Als Weigler zum Mikrofon greift und ebenfalls die Auflagen verliest, holen die Gegner auf der anderen Straßenseite ihre Trillerpfeifen und Trommeln hervor. "Nazis raus", rufen sie laut. Manfred Dammann tritt zur Bürgermeisterwahl in Eschede an: Weigler, mit rosa Hose und braunem Pullover, wendet sich an Alius und sagt, er führe einen "aussichtslosen und wenig gewinnbringenden Kampf". Man nehme außerdem "mit Freude zur Kenntnis", dass Marlon Gollnisch die NPD zum "Hauptthema seines Wahlkampfes" mache, sagt Weigler zum Bündnis-Sprecher und SPD-Bürgermeisterkandidaten in Eschede. Dann verkündet er die Nachricht, die die Gemeinde in den kommenden Monaten nun besonders beschäftigen dürfte: die Kandidatur Dammanns bei der Bürgermeisterwahl am 12. September. Weigler: "Wir sind keine Verbrecher": Der Rest seiner Rede enthält nichts Neues. Die NPD-Gegner bezeichnet er als "wenige Wichtigtuer und Scharfmacher, die ihr linkes Dogma über das Interesse des Gemeinlebens stellen" und stellt klar: "Wir sind keine Verbrecher, die Verbrecher stehen links." Weigler untermauert sein Angebot, die NPD solle in Ruhe gelassen werden, dann würde man sich aus dem Ortskern zurückziehen. Gollnisch und Petersen: "Reine Provokation": Dass darauf aus dem demokratischen Bündnis niemand eingeht, macht Gollnisch anschließend im CZ-Gespräch deutlich. Als "reine Provokation" bezeichnet er Weiglers Rhetorik und die Bekanntgabe der Kandidatur Dammanns. "Ich werde mich nicht mit einem NPD-Kandidaten aufs Podium setzen", betont die Grünen-Bürgermeisterkandidatin Marlies Petersen. Es gebe in Eschede viele wichtige Themen wie Klima, Schule und Verkehr. Gollnisch wiederum will den Rückgang der Einwohnerzahlen stoppen, sagt, wie lebenswert die Gemeinde sei. Nur die Außenwirkung Eschedes leide wegen des NPD-Geländes am Finkenberg. "Daran müssen wir arbeiten", so Gollnisch. Petersen befürchtet: "Wenn die NPD kandidiert, gehen andere Themen unter." Nach zwei Stunden, gegen 15 Uhr, enden beide Versammlungen. Die Polizei spricht insgesamt von einem störungsfreien Verlauf.