Wegen großer Bauschäden droht der Sühnekirche in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen die Schließung – vielleicht sogar der Abriss. "Eine Renovierung wäre sehr teuer", sagte Volker Bauerfeld aus der Bischöflichen Pressestelle Hildesheim. "Aber beschlossen ist noch nichts." Im gesamten Bistum würden die Immobilien bewertet. "Da geht es darum: Welche Gebäude sind absolut unverzichtbar, welche nutzen wir nicht mehr so sehr?", erklärte er. Bergen sei ein besonderer Standort und der Erinnerungskultur an die Schrecken der NS-Zeit komme eine ganz besondere Rolle zu.
Als Mahn- und Gebetskirche für Opfer des KZ Bergen-Belsen errichtet
Dennoch seien die Baumängel gravierend. Im Laufe des Jahres solle es eine Entscheidung über das katholische Gotteshaus geben. Es wurde 1961 als Mahn- und Gebetskirche für die Opfer von Unrecht und Gewalt, insbesondere für die rund 72.000 Toten auf dem Lagergelände Bergen-Belsen, gebaut.
Gedenkstätte Bergen-Belsen kämpft für Erhalt der Sühnekirche
"Das ist absolut bedauerlich. Wir kämpfen dafür, dass sie erhalten bleibt", sagte Helga Zeller vom Dokumentationszentrum der Gedenkstätte. Das Bistum versuche ihnen verständlich zu machen, dass "wir zu wenige sind und es zu teuer kommt. Wir argumentieren, dass die Sühnekirche für die Verbrechen gebaut worden ist, die hier begangen wurden." Das nur etwa sechs Kilometer entfernte Gotteshaus stehe im Zusammenhang mit Bergen-Belsen.
Zuvor hatte das Online-Magazin "moderneRegional" über einen bevorstehenden Abriss des Ensembles berichtet. Als Grund wird – neben den sinkenden Gottesdienstbesuchern und einer zweiten renovierungsbedürftigen Kirche in der Gemeinde – vor allem der bauliche Zustand genannt, der eine Sanierung in der Höhe von 1,5 Millionen Euro nötig machen würde.
Andrzej Tenerowicz bestätigt Überlegungen des Bistums Hildesheim
Auf CZ-Anfrage bestätigt Pater Andrzej Tenerowicz, leitender Pfarrer der Sühnekirche, dass es entsprechende Überlegungen des Bistums Hildesheim gebe. Für die Schließung der Kirche in Bergen spreche zum Beispiel, dass die Gemeinde, die auf unter 100 Gemeindeglieder geschrumpft ist, in Hermannsburg mit der Auferstehungskirche ein zweites Gotteshaus habe. Dort seien laut Aussage des Paters zwar auch Modernisierungsarbeiten nötig, aber die seien nicht so kostspielig wie in Bergen.
Da es immer weniger KZ-Überlebende gebe, würde es deutlich weniger Pilgerfahrten zu der Kirche in Bergen geben. Häufig werde auch der Meditationsraum auf dem Gelände der Gedenkstätte Bergen-Belsen genutzt, so der Pfarrer: "Die Kirche wird für diese Arbeit nicht mehr gebraucht."
Sühnekirche Anlaufstelle für polnische KZ-Überlebende
Zuvor war die Sühnekirche insbesondere für Überlebende aus Polen Anlaufstelle, bei ihrem Besuch in der Gedenkstätte Bergen-Belsen wurden sie vom jeweiligen Pfarrer begleitet. Günther Birken, der von 2006 bis 2017 Pfarrer der Gemeinde war, arbeitete zudem aktiv im Vorstand der AG Bergen-Belsen mit. Ein gutes Jahr nach seiner Versetzung durch das Bistum Hildesheim nach Bückeburg verstarb er überraschend. Ein besonderer Höhepunkt seines Lebens war der Besuch von Überlebenden aus Polen, für die 2011 in der Sühnekirche ein Requiem aufgeführt wurde.
Bei Abriss: Entstehen seniorengerechte Wohnungen in Bergen?
"Wenn die Kirche in Bergen abgerissen wird, könnten auf dem Grundstück senioren- und sozialgerechte Wohnungen entstehen", sagt Tenerowicz. In dem Komplex könnte auch ein Mehrzweckraum errichtet werden, der als kleine Kirche, aber auch Caritasbüro und Gruppenraum für Spielenachmittage genutzt werden könnte. "Aber noch ist überhaupt nichts entschieden", betont Tenerowicz.
Von Christopher Menge und Britta Körber