Die Schau stellt Heinrich Tessenow und seine revolutionären Ideen zur Architektur zu Beginn des 20. Jahrhundert vor. Er gilt als Wiederentdecker der einfachen Formen des Bauens und widmete sich der Architektur vor allem von Wohn- und Schulbauten. In seinen Entwürfen variiert er im Wesentlichen die geometrischen Grundformen. Zu Tessenows Schülern zählen Margarete Schütte-Lihotzky (1897–2000), Franz Schuster (1892–1972), Albert Speer (1905–1981) und Otto Kind (1909–2006).
Tessenow wurde 1876 in Rostock geboren, er machte von 1894 bis 1897 eine Zimmermannslehre und besuchte die Baugewerbeschulen in Neustadt und Leipzig. 1899 war er Gasthörer an der Technischen Hochschule in München und arbeitete im Büro des Architekten Martin Dülfer mit. Dem assistierte er auch beim Bau der Gartenstadt Hellerau und fertigte 1910 bis 1912 Entwürfe für die Bildungsanstalt für rhythmische Gymnastik, heute bekannt als Festspielhaus Hellerau. Dort gründete er 1919 die Handwerkergemeinde. Lehrtätigkeiten in Dresden und Berlin schlossen sich an. 1945 nahm Tessenow seine Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Berlin wieder auf. Er starb 1950.
Einen ersten Entwurf für eine einklassige Dorfschule entwickelte Tessenow 1907. 1911 folgten Entwürfe für ein Lehrerseminar in Peine, eine Schule in Klotzsche sowie von 1927 bis 1930 für die Malwida-von-Meisenbug-, die heutige Heinrich-Schütz-Schule, in Kassel. 1930 gewann er den Wettbewerb zur Gestaltungdes Ehrenmals für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs in der Neuen Wache von Karl Friedrich Schinkel, der 1931 ausgeführt wurde. Auf die Geschichte des Tessenow-Hauses in Steinhorst, das 1911/12 als Wohnheim für israelitische Landwirtschaftslehrlinge gebaut wurde, geht die Schau besonders ein.
Die Ausstellung wurde im Auftrag der Gemeinde Steinhorst und der Museen des Landkreises Gifhorn sowie der "Tessenow-Runde", einer Gruppe interessierter Bürger, auf der Grundlage einer Idee von Theodor Böll von Gisela Völger und Karin von Welck unter Mitarbeit von Heidemarie Kemnitz, Ira Tolstichin und Hermann Wiedenroth zusammengestellt.
Von Joachim Gries