Die Berichte anderer Bürgermeister aus dem Landkreis Celle sind umfangreicher und gehen auf Probleme bei den Arbeitskräften in der Landwirtschaft oder bei der Lebensmittelversorgung ein. Zusammen mit den regelmäßigen Berichten des Arbeitsamtes und der Kreisbauernschaft gaben sie die Situation im Landreis wieder.
„Die Bevölkerung hat vollstes Vertrauen zum Führer ...“ lautet der Titel des Buches, das der Historiker Tim Wegener verfasste. Der Untertitel „Lage- und Stimmungsberichte aus dem Landkreis Celle 1933–1945“ umreißt den dargestellten Zeitraum. Gestern wurde der 523 Seiten umfassende Band vorgestellt. 438 Dokumente umfasst er, teilweise sind sie nur eine Zeile lang, teilweise bestehen sie aus umfangreichen Tabellen.
Wegener bezeichnete die Berichte als wichtige Quellen. Die „ungeschminkte Wahrheit“ sei ausdrücklich gefordert gewesen, Bürgermeister und Institutionen sollten die Lage mit allen negativen Aspekten schildern. Der Landrat berichtete weiter an den Regierungspräsidenten, der weiter nach Berlin. Das Berichtswesen sei sehr ausgeprägt gewesen, sagte Wegener, es habe aber auch zur Steuerung der Stimmung gedient, etwa mit den Reden von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels.
Der Historiker sagte, es sei erstaunlich, dass die Lage- und Stimmungsberichte im Landkreis Celle vollständig erhalten geblieben seien, anders als in den Nachbarlandkreisen. Auch seien Quellen von der unteren Ebene bisher noch nicht veröffentlicht worden. „Wir haben es mit einem einmaligen Bestand zu tun“, unterstrich Wegener. Er sei nicht nur für die lokale Forschung, sondern auch für die Forschung über den Nationalsozialismus interessant.
„Es ist ein wissenschaftliches Werk, aber die Quellen sind von ganz normalen Bürgern geschrieben“, betonte Voss mit Blick auf die Lesbarkeit des Buches. Vorangestellt ist auf 46 Seiten ein Abriss über die Zeit des Nationalsozialismus im Landkreis Celle. Die Idee zu dem Buch war 2009/2010 aufgekommen, seither hatte sich der Historiker mit dem Projekt beschäftigt. Wegener hat bereits zwei Bücher über die Zeit des Nationalsozialismus in der Stadt Celle verfasst.
Die Sparkassenstiftung förderte die Publikation des Buches mit einem Zuschuss in Höhe von 13.000 Euro. Landrat Klaus Wiswe und Kreisarchivar Rainer Voss dankten dafür dem Celler Sparkassenchef Axel Lohöfener. "Ohne die Stiftung wäre das nicht machbar gewesen", sagte Wiswe. Und Voss ergänzte, dass der Verkaufspreis von 24 Euro damit weit unter dem Selbstkostenpreis liege.
„Es ist schon ungewöhnlich, dass Verwaltungsberichte eines Vorgängers, aber auch von Bürgermeistern, in Buchform zusammengefasst werden“, sagte Wiswe, der die Neuerscheinung schon in Teilen studiert hat. Geschildert werde, was sich unten abgespielt habe, was vor Ort passierte.
Von Joachim Gries