Deshalb überlegen auch viele ehemalige Inselbewohner aus dem Landkreis Celle, den „Union Jack“ gegen den Bundesadler zu tauschen. Gerade in Bergen, wo trotz des Abzugs der Truppen noch viele Briten leben, ist das Interesse am deutschen Pass groß. Aber auch im gesamten Landkreis steigen die Zahlen. „Die Anzahl der Beratungsgespräche von Briten ist von vier Gesprächen im Jahr 2015 auf 17 im Jahr 2016, davon 13 nach dem Referendum zum Brexit, gestiegen“, berichtet Holger Harms, Pressesprecher des Landkreises Celle.
Die Zahl der Einbürgerungsanträge sei allerdings konstant geblieben. „Dies ist mit der Fülle der erforderlichen Unterlagen zur Antragsstellung erklärbar“, so Harms. Denn die Wechselwilligen müssen unter anderem acht Jahre erlaubten Aufenthalt in der Bundesrepublik nachweisen, bei deutschem Ehepartner sind es drei. Zudem muss der Antragssteller straffrei sein und seine von einem beeideten Dolmetscher übersetzte Geburtsurkunde sowie seinen Pass vorlegen. Hinzu kommen ein biometrisches Passbild, ein eigenhändig geschriebener Lebenslauf, eine Seite in Aufsatzform, ein Arbeitsvertrag oder eine Gewerbeanmeldung, Nachweis über 36 Beitragsmonate zur Rentenversicherung, Verdienstbescheinigungen, ein Nachweis über die Deutschkenntnisse und eine Einbürgerungsgebühr von 255 Euro. Wer diesen Formularberg beisammen hat, der muss „nur noch“ den Einbürgerungstest bestehen. Dort müssen die Neubürger Fragen wie „Welche Parteien wurden 1946 zwangsweise zur SED vereint?“ beantworten.
Das scheint die Briten aber nicht abzuschrecken, denn auch auf Landesebene ist eine gestiegenes Interesse an der deutschen Staatsbürgerschaft zu bemerken. „Es ist noch ein bisschen früh für konkrete Zahlen, aber der Trend ist eindeutig: Die Zahl der Anfragen steigt deutlich“, sagt Thorsten Bullerdiek vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund. Er begründet das vor allem mit der Tatsache, dass sich viele Briten erst einmal die Konsequenzen des Referendums klar machen mussten. Bullerdiek: „Die Leute mussten erst mal für sich selbst überhaupt wahrnehmen: Was bedeutet dieses Brexit eigentlich für mich ganz konkret?“ Vor allem in Regionen mit ehemaligen britischen Militär-Standorten stünden die Telefone an manchen Tagen kaum noch still.
Es scheint so, als wenn viele Briten entgegen des Ergebnisses der Volksbefragung doch die Vorteile der EU schätzen und gerne weiter behalten würden.
Von Alexander Hänjes