Milchviehhalter können sich Weiden für ihre Kühe nicht mehr leisten, manche Getreidebauern sehen sich in ihrer Existenz bedroht und selbst Pferdewirte hört man klagen, das Stroh für ihre Tiere werde teurer. Dafür werden vor allem die Biogasanlagen verantwortlich gemacht. Experten beobachten seit Jahren steigende Pachtpreise für Ackerland.
„Das ist in ganz Niedersachsen ein Problem“, sagt Sönke Pfaff, landwirtschaftlicher Berater bei der Landwirtschaftskammer in Braunschweig. Um zehn bis 50 Prozent seien die Pachtpreise in den vergangenen Jahren gestiegen.
Der Zusammenhang zwischen der alternativen Energieerzeugung und Pachtpreisen ist simpel: Biogasanlagen brauchen Platz, da Energie nur erzeugt werden kann, wenn ausreichend Energiepflanzen - Mais, Zuckerrüben oder Gras - angebaut werden. Diese Flächen besitzen die Energielandwirte in der Regel nicht komplett selbst, also pachten sie weiteres Ackerland an. Dazu kommt der feste und attraktive Abnahmepreis, der den Biogasbauern über Jahrzehnte garantiert wird.
Die Pachtpreise im Raum Celle sind sehr unterschiedlich. Sie können je nach Qualität der Böden von etwa 150 Euro pro Hektar im Jahr bis zu 450 Euro variieren. Da manche landwirtschaftliche Betriebe heute mehr als 200 Hektar Fläche benötigen, wobei der Großteil gepachtet ist, fällt es dem ein oder anderen Bauern schwer, mit den steigenden Preisen Schritt zu halten.
Im Kreis Celle gibt es nach Angaben des Celler Landvolkes von Ende November 63 genehmigte Biogasanlagen. Mais wurde im Jahr 2011 zwischen Faßberg und Wathlingen auf insgesamt 14.000 Hektar angebaut. Dabei wird in verschiedene Arten unterschieden. Energiemais wurde auf 12.000 Hektar angebaut, Futter- und Körnermais auf etwa 2000 Hektar.
Jürgen Mente, Kreislandwirt, Schweinezüchter und Betreiber einer Biogasanlage in Diesten, sieht die Entwicklung aber keineswegs dramatisch. „Es stimmt, die Pachtpreise sind gestiegen. Die Auswüchse, die in den Medien beschrieben werden, gelten überwiegend aber für das Weser-Ems-Gebiet, nicht für das Celler Land. Hier ist das noch moderat.“ Mente ist auch Vorsitzender des Grundstücksverkehrsausschusses im Landkreis Celle. In dem Gremium sitzen Vertreter der öffentlichen Verwaltung, Politiker des Kreistages und Landwirte. Alle Verträge, die Verkäufe von über einem Hektar Land regeln, kommen auf die Tagesordnung des Gremiums. „Ziel ist es, dass der ungesunden Verteilung von Grund und Boden entgegengewirkt wird“, sagt Mente. Die steigenden Pachtpreise haben seiner Meinung nach auch mit der wirtschaftlich günstigen Entwicklung in der Landwirtschaft zu tun. Denn 2011 wurden bei Mais, Getreide, Zuckerrüben und Co. gute Erträge erzielt. Das könnte sich auf den Pachtmarkt auswirken.
Experten erwarten, dass der Biogasboom allmählich abflaut. Nicht nur, dass die Anlagen vor Ort - wie im Winser Ortsteil Walle - mitunter auf keine Akzeptanz stoßen, auch eine Änderung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) könnte dafür sprechen. Denn die in Niedersachsen verbreiteten 250- oder 500-Kilowatt-Anlagen sind künftig weniger rentabel. Erhielten die Energiewirte bisher zwischen 20 und 22 Cent pro Kilowattstunde, werden für neue Anlagen nur noch 18 bis 20 Cent bezahlt, sagt Pfaff von der Landwirtschaftskammer. Was sich nach wenig anhört, ist für die Bauern viel Geld. „Bei vier Millionen Kilowattstunden im Jahr machen zwei Cent 80.000 Euro aus“, sagt Pfaff.