Der Landkreis Celle tritt dem Bündnis „Rettet die 112 und den Rettungsdienst“ bei. Das hat der Kreistag in seiner Sitzung am Montag mit großer Mehrheit beschlossen. Das Gremium war sich in der Sache einig. Der Schritt wurde bei nur einer Enthaltung aus der CDU-Fraktion einstimmig beschlossen. Das Bündnis setzt sich dafür ein, den Rettungsdienst als Landes- und Kommunalaufgabe zu erhalten.
CDU: Rettungsdienst seit Jahrzehnten bewährt
Alexander Wille (CDU) sagte, dass sich der "hochwertige und wirtschaftliche Rettungsdienst seit Jahrzehnten bewährt hat". Die Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bedeuteten "nichts anderes, als das bewährte System im Rettungsdienst zu zerschlagen". Viele Dinge, die den Kreis Celle betreffen, würden bei einer Umsetzung der Reform künftig in Berlin entschieden und nicht mehr in Hannover oder Celle, kritisierte Wille. "Das kann so nicht hingenommen werden. Das Papier von Spahn gehört in den Papierkorb."
SPD: Wenige Vorteile, viele Nachteile
Kritik kam auch von den Sozialdemokraten. "Die Grundgesetzänderung bringt wenige Vorteile, aber viele Nachteile", sagte Stefan Hauke (SPD). "Wir sehen den Beitritt zum Bündnis sehr positiv."
"Funktionierende kommunale Strukturen zerschlagen“
Landrat Klaus Wiswe äußerte sich gestern: „Wir haben in Niedersachsen einen sehr gut funktionierenden Rettungsdienst. Hierfür sind die Landkreise im eigenen Wirkungskreis verantwortlich. Probleme gibt es in der hausärztlichen Versorgung außerhalb der Sprechzeiten im ambulanten Bereich. Der Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministers therapiert den falschen Patienten. Statt die ambulante Notfallversorgung der Kassenärztlichen Vereinigung mit Reformen zu verbessern, werden funktionierende kommunale Strukturen zerschlagen“, sagte er.
Landrat spricht von absurden Plänen
Der Gesundheitsminister beabsichtige nach Angaben der Celler Kreisverwaltung eine Grundgesetzänderung, um sich Zugriff auf zentrale Bestandteile des Rettungswesens zu verschaffen. Nicht mehr die kommunale Selbstverwaltung vor Ort, sondern die Krankenkassen sollen in weiten Teilen über die Ausgestaltung des Rettungsdienstes bestimmen, beispielsweise wie viele Leitstellen und wie viele Rettungswachen es gebe. „Das ist umso absurder, als gleichzeitig allein in Niedersachsen Kosten in dreistelliger Millionenhöhe von den Krankenkassen auf das Land und die Kommunen verschoben werden sollen. Durch die Deklaration als Kosten der Daseinsvorsorge müsste künftig der Steuerzahler in den Ländern aufkommen für die Kosten der Leitstellen, Rettungswachen und der Fahrzeuge“, sagte Wiswe. Die Kommunen könnten die zusätzlichen Lasten nicht tragen.
Folgen für Krankenhäuser
Der Landrat wies zudem darauf hin, dass sich auch hinter der wohlklingenden Formulierung der vorgesehenen Integrierten Notfallzentren an den Krankenhäusern eine finanzielle Gefahr verberge: Keineswegs solle jedes bisher in der Notfallversorgung tätige Krankenhaus diesen Status erhalten. Hingegen seien erhebliche finanzielle Abschläge für die nicht zum Zuge kommenden Krankenhäuser vorgesehen, die existenzgefährdend seien. Völlig ausgeblendet werde nach Wiswes Angaben in der bisherigen Diskussion die enge Verzahnung des Rettungsdienstes mit der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz, wie sie in der gemeinsamen Notrufnummer 112 und den integrierten Leitstellen zum Ausdruck kommt. Die Vorstellungen des Bundesgesundheitsministeriums in dieser Hinsicht seien laut Wiswe diffus, vermengten Hilfeleistungs- und Qualitätsfragen, stellten nicht den Patientennutzen in den Vordergrund und griffen auf dem Tisch liegende Verbesserungsvorschläge nicht auf.
Grundgesetzänderung nötig
Das Bündnis "Rettet die 112", zu dem der Niedersächsische Landkreistag Anfang September aufgerufen hatte, will die geplante Reform der Notallversorgung verhindern. Zur Umsetzung der Reform ist eine Ausweitung der Bundeskompetenz durch Änderung des Artikels 74 des Grundgesetzes geplant. Das Gesundheitsministerium arbeitet seit dem vergangenen Jahr an der Reform der Notfallversorgung. In diesem Rahmen sollen sogenannte gemeinsame Notfallleitstellen eingeführt werden, die neben der Notrufnummer 112 auch den hausärztlichen Notdienst 116117 bearbeiten. Nach einer Einschätzung der Dringlichkeit des medizinischen Versorgungsbedarfs soll dann die jeweils notwendige medizinische Versorgung organisiert werden.