Heidschnucken

Vaterschaftstest für schwarze Schafe

Züchter Carl Kuhlmann hat gerade alle Hände voll zu tun, denn es ist Lamm-Zeit in der Südheide. Jeden Tag kommt neuer Nachwuchs auf die Welt.

  • Von Cellesche Zeitung
  • 22. Jan. 2019 | 18:57 Uhr
  • 09. Juni 2022
Auf dem Heidschnuckenhof Kuhlmann in Niederohe gibt es seit Neujahr wieder täglich Nachwuchs. Nach der Geburt bleiben die Lämmer etwa sieben Wochen mit ihren Muttertieren im Stall, erst danach dürfen sie auf die Heide. 2019 zählte Carl Kuhlmann schon rund 130 Zuwächse für seine Herde.
  • Von Cellesche Zeitung
  • 22. Jan. 2019 | 18:57 Uhr
  • 09. Juni 2022
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Niederohe.

Bisher hatte Heidschnuckenzüchter Carl Kuhlmann keine Schwierigkeiten, die Vaterschaft in seiner Herde nachzuvollziehen. Wenn die brünftigen Mutterschafe raus in die Heide marschierten, wurden sie immer nur von einem Zuchtbock begleitet. Und wenn fünf Monate später ein kleines Lamm geboren wurde, kam nur ein Vater in Frage. Doch diese Zeiten sind vorbei.

Ende September 2018 führte Kuhlmann den sogenannten "Multisprung" ein: Dabei zieht gleich eine ganze Handvoll Böcke zusammen mit den Muttertieren los. Der Vorteil: Es dauert nicht mehr so lange, bis alle Heidschnucken trächtig sind. Dadurch wird die Lamm-Zeit kürzer und die Jungtiere können früher im Jahr mit der Herde losziehen. "Eine frühe Geburt ist erwünscht. Wenn die Lämmer das erste Mal mitkommen, sollen sie das erste Grün erwischen, denn das ist das beste Futter des Jahres", erläutert Kuhlmann. Zwischen der ersten Lammgeburt, die für gewöhnlich am Neujahrstag stattfindet, und der letzten Niederkunft lagen jedoch bislang mehrere Wochen. Die Nachzügler bekamen deswegen weniger eiweißreiche Kost.

Rekord für die Ewigkeit: Bock deckt 121 Muttertiere

"Die Faustregel lautet: ein Bock deckt etwa 50 Muttertiere", sagt Kuhlmann. Nach oben sind den Tieren allerdings keine Grenzen gesetzt. Bei den Zuchtböcken wird Mehrarbeit gerne gesehen. "Vor fünf Jahren hat ein Bock insgesamt 121 Muttertiere gedeckt. So einen Rekord haben wir nicht wieder erreicht." Für seine 500 weiblichen Heidschnucken hat er derzeit elf erfahrene Zuchtböcke auf dem Hof, die sich ein eigenes Gehege teilen. Im Gatter gegenüber sind die Jungböcke untergebracht. Die Muttertiere stehen im Stall oder sind unterwegs in der Heide.

"Ein gutes Muttertier bringt jedes Jahr ihre Lämmer zur Welt", meint der Züchter. Wer das Pensum nicht erfüllt, macht mit dem Schlachter Bekanntschaft – ein Schicksal, das ansonsten vorwiegend Böcke ereilt. Denn die Chance, dass der Nachwuchs männlich ist, liegt bei den Heidschnucken bei gut 50 Prozent. Es werden aber viel weniger Zuchtböcke benötigt als Muttertiere.

Züchter erwartet bis zu 480 Geburten

Kuhlmann rechnet mit 450 bis 480 Geburten in dieser Lamm-Zeit, 130 Baby-Schnucken hat er bisher schon gezählt. Doch nur etwa jedes sechste Jungtier schafft es in die Herde. Bei den nun geborenen Zuchttieren, dem ersten Nachwuchs aus dem "Multisprung", muss die Vaterschaft durch einen Test festgestellt werden. Dazu wird bei den Lämmer nur eine Gewebeprobe aus dem Ohr genommen. "Für uns Züchter ist immer wichtig zu wissen, wer die Eltern sind", sagt der Chef des Verbandes Lüneburger Heidschnuckenzüchter.

Aussichtsreiche Jungböcke, die in Niederohe nicht benötigt werden, erhalten bei der Wahl zum "Mister Müden" eine zweite Chance. Bei der Bockauktion zum Heidschnuckentag, der am 11. Juli zum 70. Mal stattfindet, werden die besten Zuchtböcke der Lüneburger Heide versteigert. Kuhlmann hat schon einige Kandidaten im Auge, auch ein Tier mit Siegerpotenzial ist darunter. Für eine Vorauswahl sei es aber noch zu früh: "Nachher bricht sich der Bock noch ein Bein oder wird vom Wolf aufgefressen."

Ein ehemaliger Mister Müden ist in Niederohe nicht zu finden. Das heißt aber nicht, dass die Zuchtböcke hier zweite Wahl sind. Denn der Sieger der Bockauktion bringt üblicherweise mehr als 90 Kilogramm auf die Waage. Für die Landschaftspflege der Heide, die in Niederohe ganz vorne steht, ist so ein Fleischberg aber kaum zu gebrauchen. Die Herde läuft zehn bis zwölf Kilometer pro Tag. Kuhlmann: "Ich brauche hier nicht unbedingt den dicksten, sondern den flinksten und muskulösesten Bock."

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