Der Hermannsburger Bürgermeister Axel Flader redet nicht lange um den heißen Brei herum: Die Finanzlage sei desolat, der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr weise ein Defizit von 1,3 Millionen Euro aus. Um das Loch wenigstens etwas zu stopfen, soll die Gewerbesteuer um 40 Punkte auf einen Hebesatz von 360 Prozentpunkten angehoben werden. Flader: „Wir müssen reagieren, zumal der Satz in Hermannsburg seit 1998 konstant war.“
Wie in Hermannsburg müssen viele Unternehmen 2011 mit einer Steuererhöhung rechnen. Der Niedersächsische Industrie- und Handelskammertag (NIHK) hat ein Papier vorgelegt, wonach 220 Kommunen zwischen Nordsee und Harz bereits 2010 die Steuersätze angehoben haben. „Damit kommen in jeder fünften Kommune Erhöhungen auf die ansässigen Unternehmen zu“, so der NIHK. Landesweit habe nur eine einzige Kommune ihren Gewerbesteuersatz gesenkt: Bodensee, ein Dorf mit knapp 800 Einwohnern im Kreis Göttingen.
Der durchschnittliche Satz habe sich um fünf Punkte auf 376 Prozent erhöht, dem stärksten Plus seit 30 Jahren. Eine Stichprobe der CZ im Raum Celle hat ergeben, dass viele Gemeinden mit ihren Steuerforderungen noch unter Landesschnitt liegen. Nienhagen liegt bei 350 Prozent, Wathlingen und Adelheidsdorf bei 340 Prozent. Winsen hat 2007 auf 350 Prozentpunkte erhöht. In der Stadt Celle denkt man über eine höhere Gewerbesteuer im Jahr 2011 nach. Nach Angaben von Stadtsprecher Wolfgang Fischer wurde der Satz zuletzt 1998 auf 370 Punkte angehoben. „Zur Zeit ist eine Erhöhung um zehn Prozentpunkte in der Diskussion“, so Fischer. Auch in der Samtgemeinde Lachendorf wird es nicht billiger: In Beedenbostel und Eldingen wurde 2010 um 20 Punkte angehoben, für Hohne und Lachendorf gibt es Grundsatzbeschlüsse, den Steuersatz hochzuschrauben. Verwaltungschef Jörg Warncke gibt an, dass allein für die Gemeinde Lachendorf 90000 Euro Mehreinnahmen drin sind, wenn die Grundsteuern A und B sowie die Gewerbesteuer um 20 Punkte steigen. Das Geld wird auch dringend benötigt: 2010 lag das Defizit im Gemeindeetat bei 400000 Euro.
„Steuererhöhungen sind kein Ausweg aus der Finanzmisere der Kommunen. Die Konsolidierung muss bei den Ausgaben beginnen“, fordert dagegen NIHK-Geschäftsführer Michael Zeinert. Manch Gemeinde sieht das ganz anders. „Wir haben unsere Ausgabensituation so weit heruntergefahren, dass wir jetzt die Einnahmen erhöhen müssen“, sagt Flader in Hermannsburg.
Rechenbeispiel: Eschede teurer als Stadt Celle
Die Gewerbesteuer wird nach dem Gewinn der Unternehmen berechnet. Das Finanzamt setzt einen Gewerbesteuermessbetrag fest, der auf den Firmenangaben zum Geschäftsjahr beruht. Dieser Messbetrag wird anschließend mit dem Hebesatz der Kommunen multipliziert. Das bedeutet, dass die Unternehmenssteuer sich nach Region erheblich voneinander unterscheiden kann.
Nach einer Berechnung des Finanzamtes Celle muss ein fiktives Unternehmen, das einen Gewinn von 100000 Euro erwirtschaftet, in diesem Jahr in der Stadt Celle 9775,40 Euro bezahlen. In Hermannsburg und Bergen, derzeit noch die billigsten Kommunen im Kreisgebiet, wären es 8454,40 Euro. Am teuersten ist es in Eschede. Dort müsste das Unternehmen 10039,60 Euro an den Fiskus abtreten.