Feiern am Tag des ICE-Unglücks: Politik in Eschede fordert klare Regelung

Sind öffentliche Veranstaltungen am 3. Juni, dem Jahrestag des ICE-Unglücks, moralisch in Ordnung oder einfach nur pietätlos? Darüber wird in Eschede weiter diskutiert. Nun ist auch die Politik vor Ort in die Debatte eingestiegen. Drei Abgeordnete von SPD und Grünen, die im Gemeinderat eine Gruppe bilden, haben einen Antrag gestellt, der im Orts- und Gemeinderat besprochen werden soll. Ihre klare Aussage: "Es dürfen ab 2023 keine öffentlichen Veranstaltungen am 3. Juni eines jeden Jahres in der Ortschaft Eschede stattfinden. Hiervon ausgenommen sind Gedenkveranstaltungen in Bezug auf den ICE-Unfall im Jahre 1998." Unterdessen haben die Schützen ihr Programm für dieses Jahr angepasst. Escheder Ratsmitglieder wollen Regelung: Die Gemeinderatsmitglieder Marlies Petersen (Grüne) und Silvia Duff (SPD) sowie der stellvertretende Ortsbürgermeister Sascha Alius (SPD) nehmen Bezug auf die Diskussion über die für den Abend des 3. Juni dieses Jahres geplante Jubiläumsveranstaltung des Escheder Spielmannszuges, die mittlerweile auch von überregionalen Medien aufgegriffen wurde. Diese Debatte mache es "notwendig, eine Regelung zu finden, wie Eschede zukünftig mit dem 3. Juni umgeht", heißt es im Antrag. Und: "Eine klare Signalwirkung durch Rat und Verwaltung, dass dieser Tag dem Gedenken und der Solidarität mit Trauernden vorbehalten sein soll, ist für die Zukunft förderlich." Politiker von SPD und Grünen: Keine öffentlichen Veranstaltungen am 3. Juni: Die drei Abgeordneten machen allerdings eine Einschränkung: "Auf Antrag können Ausnahmeregelungen getroffen werden, jedoch müssen diese begründet und durch den Rat der Gemeinde Eschede genehmigt werden." Auf CZ-Nachfrage sagt Petersen, es müsse erklärt werden, warum ausgerechnet am 3. Juni und nicht an einem anderen Tag eine öffentliche Veranstaltung stattfinden müsse. "Es geht uns darum, künftig solche Diskussionen zu vermeiden und eine Spaltung zu verhindern", so Petersen. Der Antrag solle bezwecken, dass eine klare Regelung geschaffen werde. Bei rechtzeitiger Planung könne man öffentliche Veranstaltungen am 3. Juni in andere Escheder Ortsteile verlegen. Die Grünen-Politikerin betont außerdem, die Regelung solle selbstverständlich nur für öffentliche Feiern getroffen werden. "Privat kann jeder machen, was er will." Nach dem Jubiläumsball des Spielmannszuges gefragt, sagt Petersen: "Das Schützenfest ist variabel. Es gibt keinen Grund, an diesem Tag zu feiern." CDU in Eschede hält sich noch zurück: CDU-Fraktionsvorsitzende Stephanie Bölke hält sich mit einer Reaktion auf den Antrag noch zurück. Darüber solle zunächst innerhalb der Fraktion gesprochen werden. Auch ihre persönliche Meinung zu öffentlichen Feiern am Jahrestag des ICE-Unglücks wollte sie noch nicht kundtun. Nur so viel: "Die Diskussion darüber medial auszutragen, war nicht gut", so Bölke. Die Frage, wie mit dem 3. Juni künftig umzugehen sei, stünde nun aber im Raum. "Wir müssen uns jetzt positionieren." Rat der Gemeinde Eschede muss entscheiden: Laut Sitzungskalender auf der Homepage des Rathauses wird der Gemeinderat das nächste Mal am 30. Juni zusammentreffen. Bevor dort über den Antrag entschieden wird, soll auf Wunsch der Antragsteller auch der Ortsrat eine Empfehlung abgeben. Meinungen im Ort zum ICE-Unglückstag sind geteilt: Ob der Antrag eine Mehrheit findet, ist offen. Die Bürger für Eschede (BüfE), die die größte Fraktion im Rat stellen, wollten sich ebenfalls erst intern beraten, so die stellvertretende Fraktionschefin Anna Kallias auf Anfrage. Und selbst innerhalb von SPD/Grüne sind die Meinungen zu dem Thema offenbar geteilt, da nicht die gesamte Ratsgruppe den Antrag unterzeichnet hat. Hinterbliebenen-Sprecher begrüßt Anstoß: Heinrich Löwen, Sprecher der Hinterbliebenen des ICE-Unglücks, gefällt der Antrag erwartungsgemäß. "Ein Schritt, den ich sehr begrüße. Es ist Bewegung in das Thema gekommen", sagt Löwen im CZ-Gespräch. Er fände es allerdings besser, wenn eine Entscheidung zum künftigen Umgang mit öffentlichen Veranstaltungen am Unglückstag schon vor dem 3. Juni dieses Jahres fiele.