Hans-Heinrich Dralle leidet unter der Krise. „Der Umsatz ist eingebrochen“, sagt der Chef der Celler Fleisch-Handel GmbH, die in Westercelle sitzt. Die Schlacht-höfe würden als Folge des Dioxin-Skandals schon 20 bis 30 Prozent weniger Schweine schlachten, sagt Dralle, der 18 Menschen beschäftigt. „Das ist ja das Problem, die hängen da alle mit dran“, sagt Dralle mit Blick auf seine Mitarbeiter.
Landwirte, Zwischenhändler, Schlachter und Fleischer teilen ein schweres Schicksal. Sie sehen sich als Opfer in einem Skandal, den sie weder verursacht haben noch hätten verhindern können. Dralle und seine Mäster zum Beispiel haben sich dem freiwilligen QS-System angeschlossen, das für Qualität und Sicherheit steht. Das Programm entstand im Zuge der BSE-Krise und soll durch ein mehrstufiges Kontrollsystem für lückenlose Sicherheit sorgen – deutlich über die staatlichen Kontrollen hinaus.
Bis das Fleisch in Westercelle landet, hat es einen weiten Weg hinter sich. Landwirte in den Kreisen Uelzen und Celle mästen die Tiere, bis sie der Celler Fleisch-Handel abholt und in verschiedene Schlachthöfe fährt, zum Beispiel nach Hannover. Schweinehälften wer-den zurück in die Allerstadt gebracht, wo sie zerlegt werden und an Fleischereien, Supermärkte und Restaurants geliefert werden. Für Dralle ist das Sicherheitssystem einhundertprozentig. „Wir lassen uns jetzt auch von den Mästern schriftlich zusichern, dass sie das Futter nicht von Firmen gekauft haben, die in den Skandal verwickelt sind.“
Einer seiner Kunden ist der Celler Fleischer Bernd Zimmermann, der noch nichts von einem rückläufigen Umsatz spürt. Auch er hält trotz des Dioxin-Skandals die Überprüfungen durch die Behörden für ausreichend. „Eigentlich ersticken wir in einer Flut von Kontrollen“, sagt Zimmermann, der aber weiß, dass „jedes System zu knacken ist, wenn Kriminelle am Werk sind“.
Dennoch sagen Kritiker, gerade dieser Skandal zeige, dass es möglicherweise zu wenig Kontrollen gibt, weil den Aufsichtsbehörden die Mittel fehlen.
Heiner Kleinschmidt, Obermeister der Fleischer-Innung Celle, sieht das anders. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die beste Überwachung in Europa haben. Wir müssen fast zehn Formulare ausfüllen, bevor wir einen Bullen schlachten.“ Umsatzeinbußen hat auch er in seinem Ladengeschäft in Winsen noch nicht feststellen können. Aber: „Die Leute fragen mehr nach. Sie sind vorsichtiger geworden.“
Dioxin-Proben: Bis zum Abend lagen noch keine Analysen über die Dioxin-Verdachtsfälle aus dem Celler Nordkreis vor, sagte eine Sprecherin des Landkreises Celle. Gestern hatte die CZ berichtet, dass vier Betriebe verseuchtes Futter erhalten haben könnten. Für einen Hof wurde kurze Zeit später Entwarnung gegeben.