"Wir Hausärzte sind Generalisten und haben ein breit gefächertes Wissen", sagt Kahle, "es macht Sinn, wenn sich der Patient zunächst von uns untersuchen lässt – hier bekommt er immer einen kurzfristigen Termin und kann in der Regel abschließend versorgt werden." Der Hausarzt könne entscheiden, ob er den Patienten selbst behandelt oder ihn zum Spezialisten schickt. Ein Hausarzt hätte Malke deutlich schneller beruhigen können.
Entstanden ist die Initiative über den E-Mail-Verteiler "Listserver Allgemeinmedizin". 900 bis 1000 Hausärzte nehmen an der virtuellen Gemeinschaftspraxis teil und tauschen sich dort nicht nur zu Krankheiten aus, sondern auch zu berufspolitischen Themen. Als zwischen den Ärzten eine Diskussion über ein besseres Gesundheitssystem geführt wurde, ergriff die Nienhagener Ärztin die Initiative. "Unsere Ideen sollten wir sammeln und öffentlich machen“, so Kahle. Aus der Idee "7 Thesen in 17 Tagen", die sie gemeinsam mit Kollegen entwickelte, entstanden schließlich 8 Positionen für eine gute hausärztliche Versorgung der Bevölkerung. Gemeinsam mit einer Unterschriftenliste, die bis zum 2. Oktober über eine Online-Petition unter www.openpetition.de erstellt wird, sollen diese an die Gesundheitsausschüsse des Landes und des Bundes gegeben werden.
"Hausärzte als erste Ansprechpartner sind die Voraussetzung für eine medizinisch hochwertige Versorgung unserer Bevölkerung. Überbordende Bürokratie, Zeitdruck und undurchsichtige Regularien halten motivierte Ärzte davon ab, sich für den Hausarztberuf zu entscheiden", sagt Kahle. "Um die bisherige Versorgungsqualität zu erhalten, muss sich jedoch in den nächsten zehn Jahren mindestens ein Drittel des ärztlichen Nachwuchses für die fünfjährige Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin entscheiden."
Die 46-Jährige hält auch einige Präventionsmaßnahmen für wenig sinnvoll. "Wir holen gesunde Menschen in die Arztpraxen und verunsichern sie, ohne dass wir über den Nutzen etwas wissen", sagt die Ärztin. "Von den Krankenkassen wird hier ein völlig falscher Anreiz gesetzt." Auch müssten Patienten mit einfachen Infekterkrankungen die Praxis aufsuchen, nur um eine ab dem ersten Tag geforderte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu bekommen. "Die meisten wissen, damit selbst umzugehen und könnten das eigenverantwortlich entscheiden, die Zeit fehlt dann aber für andere schwer oder chronisch erkrankte Patienten."
Wichtig erscheint der Initiative auch der Kommerzialisierung der Medizin entgegenzuwirken. „Gesundheit ist ein schützenswertes Gut und keine Ware, mit der man seinen Gewinn maximiert“, so Kahle.