Schausteller-Familie sitzt seit einem Jahr in Celle fest

Die Ventilatoren der Stromgebläse laufen auf Hochtouren, Luft strömt in das aufblasbare bunte Schiff und einen roten Rodeo-Bullen. „Oh, da kommen Heimatgefühle auf“, sagt Katharina Hartmann, als ihre vierjährige Tochter Elaine mit einem Freudenschrei auf die beiden Spielgeräte zuläuft. Zu Hause ist da, wo das Herz ist, lautet ein Sprichwort. Für die Schaustellerin bedeutet es Kinderlachen, Freude am Springen auf einer der zahlreichen Hüpfburgen oder der neugierige Blick auf eines der Tiere des Streichelzoos. Seit einem Jahr in Celle gestrandet: Seit fast einem Jahr sind Hartmann und ihr Lebensgefährte Christian Lieberum mit ihrem Schaustellerbetrieb auf der Wiese neben der Sportanlage Wietzenbruch gestrandet. Corona hat sämtliche Pläne vereitelt. Der Betrieb, der eigentlich ständig auf Achse ist, steht still. Kein Zirkus sondern Hüpfburgenland: „Wir haben keinen klassischen Zirkus, wir sind Schausteller. Normalerweise haben wir Hüpfburgen-Betrieb, das kann man sich ähnlich vorstellen. Man fährt eine Stadt an, man baut auf und hat ein richtiges Hüpfburgenland“, erläutert die 26-Jährige. Neben den 15 mit Luft gefüllten Spaßbringern locken Kinderschminken, Zumba, Ponyreiten und ein Streichelzoo. Das Schaustellerpaar stammt aus dem Raum Kassel. „Wir wollten hier in Celle anfangen im vergangenen Jahr Ende März. Dann kam die Corona-Welle, jetzt stehen wir leider schon ein ganzes Jahr hier. So langsam wird es immer schwieriger, die Pandemie zu überdauern“, sagt Hartmann. „Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr die Räder wieder rollen lassen dürfen“, so die Schaustellerin. Für dieses Jahr rechnen sie nicht mehr damit, noch in den regulären Betrieb zu kommen. Etliche Anhänger, ein großer Wohnwagen und ein Lkw als Zugmaschine gehören zum Betrieb Lieberum. Einige Fahrzeuge gehören Christian Lieberums Bruder, der ebenfalls als Schausteller arbeitet und die Wagen kurzzeitig untergestellt hat. Schausteller loben die Stadt Celle: „Wir haben das große Glück, dass die Stadt Celle uns sehr gesonnen ist, wir dürfen hier stehen, müssen nur Strom und Wasser bezahlen.“ Trotzdem geht der Stillstand an die Reserven. „Wir bekommen Grundsicherung, für unser Geschäft reicht das aber nicht. Die Versicherung muss bezahlt werden, ein paar Dinge müssen erneuert werden“, sagt die Schaustellerin. Der Lkw ist abgemeldet und müsste erneut durch den TÜV, dafür wären allerdings neue Reifen fällig. „Es ist nicht so, dass wir einsteigen und losfahren können. Es gibt jede Menge Kosten, die Reifen, die TÜV-Abnahme, die Bremsen sind fest“, so Christian Lieberum. Hartz IV und laufende Kosten: „Die Geschäftsversicherung läuft natürlich weiter. Auch Tiere müssen versorgt werden und es gibt Tierarztkosten“, rechnet Hartmann vor. Die Tiere kommen ohnehin an erster Stelle. „Wir können auch mal auf eine Scheibe Brot verzichten. Die Tiere gehen für uns vor und sind wie Familie.“ Die Ponys Max und Moritz, zwei graubraune Höckergänse, mehrere Hühner und Meerschweinchen und eine Mandarinente wollen versorgt sein. Die Nähe zu den Tieren im Streichelzoo sei ein schönes Erlebnis für die Kinder, denn gerade in Großstädten würden die Kleinen die Lebewesen nur am Fernseher erleben. „Es ist nicht nur ein Beruf, sondern Berufung, einfach ein Lebensstil. Ich möchte auf gar keinen Fall tauschen“, sagt Hartmann. Doch langsam geht die Situation an die Substanz psychisch wie finanziell. „Vielleicht gibt es ja jemanden, der helfen will“, hofft Lieberum. Über Sach- oder Geldspenden freuen sich die Schausteller – persönlich auf dem Sportplatz am Wangelinweg oder per IBAN DE26 5001 0060 0855 1616 07.