Celler Kammermusikring: „The King’s Singers“ live in Stadtkirche erleben

Dieses Musikensemble stellt für sich schon einen Teil Musikgeschichte dar: Die am Mittwoch, 4. Mai, um 20 Uhr auf Einladung des Celler Kammermusikrings in der Celler Stadtkirche gastierenden „The King’s Singers“ haben 2018 ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum gefeiert und das Gesangssextett ist noch immer in mehrfach erneuerter Besetzung in der ganzen Welt unterwegs. Das allein ist schon etwas Besonderes. Dabei gibt es sehr wohl auch andere Formationen, die vergleichbar lange in unterschiedlichen Konstellationen auftreten, aber es dürfte kaum ein Ensemble in der Szene der klassischen Musik geben, das selbst so viel Musikgeschichte geschrieben hat wie die King’s Singers. Und das liegt nicht daran, dass dieses sechs singenden Männer so viele Stücke in Auftrag gegeben hätten oder für ihre Konstellation von zwei Countertenören, einem Tenor und drei Baritonen beziehungsweise Bässen hätten bearbeiten lassen wie die King’s Singers. Es liegt vielmehr daran, dass dieses britische Ensemble mit seinen ersten Tourneen in Festlandeuropa in den 70er Jahren mit einem Schlag die klassischen Kammermusikabonnements mit einer Musik bereicherten, die man vorher in diesen Kreisen einfach nicht kannte. Erste Musiker mit Crossover-Programm: Weder Renaissance-Musik noch jazzige, geschweige denn poppige Klänge gab es damals in solchen Konzertreihen. Und dass jemand ein Konzert launig-witzig moderierte, das war bis dahin fast unvorstellbar. Die King’s Singers begründeten mit ihrem Auftreten eine ganz neue, ungemein lockere Art von klassischem Konzert. Natürlich gab es in der ersten Jahrhunderthälfte die ähnlich berühmten Comedian Harmonists, diese aber traten nicht mit einer Mischung aus Musik von vier bis fünf Jahrhunderten auf, sondern mit jeweils aktuellen Unterhaltungsprogrammen. Die King’s Singers hingegen waren die Ersten, die die heute sogenannten Crossover-Programme anboten und das auch so unterhaltsam präsentierten, dass sie sofort zu Sympathieträgern wurden, die dem Publikum immer Programme anboten, die von der Renaissance oder sogar noch früheren Epochen bis in die Unterhaltungsmusik der jeweiligen Gegenwart reichten. Programm lässt kaum eine Ecke der Musikgeschichte aus: Als die King’s Singers Ende der 70er Jahre Motetten von Thomas Tallis und William Byrd auf LP herausbrachten, da waren das Ausgrabungen, die hierzulande für den Nichtwissenschaftler neue musikalische Horizonte eröffneten. Dann sangen diese sechs gern als Charmeure auftretenden Männer auch noch mit einer stimmlichen Perfektion, die damals keine Konkurrenz hatte. Das Ensemble hatte auch einen so strahlenden wie tiefengesättigten Sound mit Wiedererkennungswert, der einzigartig war, denn die wenigen kleinen Gesangsensembles damaliger Zeit waren entweder kleiner besetzt, stimmlich anders aufgestellt oder nur auf eine spezielle Art der Musik festgelegt. Die Musikwelt mit einem Schlag verändert: Die King’s Singers veränderten mit ihrer grenzenlosen Vielseitigkeit mit einem Schlag die Musikwelt. Zunächst dachten viele, dass sie eine Zeiterscheinung bleiben würden; heute weiß man, dass das nicht so ist. Inzwischen gibt es ganz viele Ensembles dieser Art. Und durchaus auch eine beachtliche Anzahl Gesangsformationen, die vergleichbar gut und vielseitig sind, aber nun hat das Celler Publikum endlich einmal die Gelegenheit, diese Mutterformation aller derartigen heutigen Gesangsensembles in Celle zu erleben. Von Rainald Hanke Eintrittskarten ab 20 Euro gibt es an der Theaterkasse, Schuhstraße 46, in Celle. Öffnungszeiten: montags bis freitags, 9 bis 17 Uhr, samstags, 10 bis 13 Uhr, unter Telefon (05141) 90508-75/-76 oder per Email: Karten@schlosstheater-celle.de.