Stadtrat lehnt Antrag ab : Carola Rackete wird keine Celler Ehrenbürgerin

Die aus Hambühren stammende Flüchtlingshelferin Carola Rackete hat für ihre Rettungsaktionen auf dem Mittelmeer bereits die Médaille de la Ville de Paris, den Globart-Award sowie die Ehrenmedaille des katalanischen Regionalparlaments erhalten – die Ehrenbürgerwürde der Stadt Celle wird die Kapitänin nicht bekommen. Der Stadtrat hat nach CZ-Informationen in nichtöffentlicher Sitzung einen entsprechenden Antrag der "Partei" abgelehnt. "Klares Signal" gefordert: "Partei"-Ratsherr Dirk Gerlach hatte angeregt, die ehemalige „Sea-Watch“-Kapitänin Rackete, die in Ovelgönne beheimatet war und ein Celler Gymnasium besucht hatte, zur Ehrenbürgerin der Stadt Celle zu ernennen. Gerlachs Begründung: „In Zeiten wie diesen ist es unbedingt erforderlich, Menschen wie Rackete öffentlich zu würdigen, städtische und kommunale Solidarität zu bekunden und damit auch ein klares Signal an die politisch Verantwortlichen der unmenschlichen Zustände an den europäischen Außengrenzen zu senden.“ Dass Rackete keine Cellerin sei, sei nebensächlich, so Gerlach. Schließlich sei auch Robert Simon, der in Hannover wohnt, 2015 wegen seiner Verdienste um das 24-Stunden-Museum als Ehrenbürger ausgezeichnet worden. Celler Bezug fehlt: Die Stadtverwaltung sah keine Grundlage für eine Ehrung Racketes. Voraussetzung für die Ehrenbürgerwürde seien "besondere Verdienste um die Gemeinde": "Die Verdienste können etwa im kulturellen, wissenschaftlichen, kommunalpolitischen oder wirtschaftlichen Bereich erworben worden sein, wenn sie einen engen Bezug zur Gemeinde aufweisen." Rackete habe als Kapitänin der "Sea-Watch 3" mehreren Bootsflüchtlinge im Meer vor Libyen das Leben gerettet und sie in einen sicheren Hafen auf das europäische Festland überführt, so die Verwaltung: "Die Voraussetzungen für eine Verleihung der Ehrenbürgerwürde machen jedoch besondere Verdienste um die Gemeinde, hier die Stadt Celle, erforderlich. Diese Voraussetzung liegt nicht vor." "Weggelächelt": "Wie schon so oft gelingt es dem Bürgermeister, unpopuläre Entscheidungen breitgrinsend wegzulächeln", sagt Gerlach dazu. Das Abstimmungsergebnis sage mehr über die Celler Repräsentanten als über die mehrfach geehrte "Sea-Watch"-Kapitänin aus, die in sozialen Medien ähnlich wie die Klima-Aktivistin Greta Thunberg mit Hass-Tiraden überschüttet werde. Gerlach hält dagegen: "Jeder sollte selbst ein wenig mehr Rackete oder Thunberg sein. Diese jungen Menschen läuten einen Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft ein, vor denen sich gerade diejenigen fürchten, die in den kommunalen Parlamenten noch die wenigen Jahre ihrer verbleibenden Amtszeit ungestört verbringen möchten." Hätte das gepasst? Offen bleibt die Frage, ob sich die eher unkonventionelle Carola Rackete überhaupt wohlgefühlt hätte im Reigen der Celler Ehrenbürger, die in der Regel zum jeweiligen Establishment ihrer Zeit zählten. Zu ihnen gehören neben anderen der herzogliche Rentmeister Simon Hoppener, die Fabrikanten Wilhelm Bomann und Harry Trüller, der NSDAP-Gauleiter Otto Telschow (Ehrenbürgerschaft aberkannt 2007), Oberbürgermeister Herbert Severin und die Kultur-Mäzenin Lieselotte Tansey. Irgendwie ein Erfolg: Dass Rackete nicht zur Ehrenbürgerin der Stadt gewählt worden sei, sei "auch gut so", findet Gerlach: "Zu naheliegend war die Gefahr, dass Carola Rackete diese zweifelhafte Würde angesichts der Celler Politik eher als Bürde empfunden und sie daher aus naheliegenden Gründen dankend abgelehnt hätte." Denn eine Stadt, die weder bereit ist, eine "Ausländeruniversität" zuzulassen oder ein Teilkontingent der Flüchtlinge der "Sea-Watch 3" bei sich aufzunehmen und die sich anders als viele andere Städte nicht am Projekt "Seebrücke" beteiligt habe, verdiene eine Ehrenbürgerin wie Rackete einfach nicht, so Gerlach: "Vielmehr konnte durch diesen Ratsbeschluss Schaden vom Ruf der tapferen Kapitänin abgewendet werden." In diesem Sinne war Gerlachs Antrag dann ja doch irgendwie ein Erfolg. Simon Hoppener († 1566), herzoglicher Amtsschreiber und späterer Rentmeister, seit 1547 (ältester „registrierter“ Ehrenbürger Deutschlands) Medizinalrat Ludwig Andreas Koeler (* 1773; † 1836), Hofmedikus, Lehrer am Chirurgischen Institut Celle, Direktor des Kollegs der Vereinigten Armenanstalten, seit 1832 (Hingabe zum Mitmenschen, 1. „offizieller“ Ehrenbürger der Stadt) Ferdinand Hartzer (* 1838; † 1906), Bildhauer, seit 1891 (hohe und dauerhafte Verdienste im künstlerischen Bereich, z. B. Thaer- und ehem. Germania-Denkmal) Gerhard Lucas Meyer (* 1830; † 1916), Industrieller, Geheimer Kommerzienrat seit 1905 (Stifter des Neubaus des Celler Kinderhospitals), Ehrenbürger der Städte Celle und Peine Wilhelm Bomann (* 1848; † 1926), Fabrikant, Gründer des „Vaterländischen Museums“ – 1923 umbenannt in „Bomann-Museum“, seit 1907 (für grundlegende Arbeiten über bäuerliche Sitten und Brauchtum) Wilhelm Denicke (* 1852; † 1924), Jurist, Oberbürgermeister, seit 1924 (besonderes Engagement für die Jugend und die industrielle Stadtentwicklung) Harry Trüller (* 20. Dezember 1868; † 13. August 1934), Keks- und Zwiebackfabrikant, Bürgervorsteher, Senator, seit 1930 (u. a. Initiator der Celler Straßenbahn) Otto Telschow (* 1876; † 1945), seit 1936 (Aberkennung 12. Juli 2007) Wilhelm Heinichen (* 1883; † 1967), Mitglied der Landessynode der ev.-luth. Landeskirche, Landrat, Ratsherr, Oberbürgermeister, post mortem 1969 Generalkonsul Hermann von Rautenkranz (* 1883; † 1973), seit 1973 (vom Bohrarbeiter zum Pionier der heimischen Erdölwirtschaft) Carla Meyer-Rasch (* 1885; † 1977), Heimatforscherin, Schriftstellerin und Journalistin, seit 1973 Herbert Severin (* 1931 - 2016), Jurist, Ratsherr, Bürgermeister und 1986–2001 Oberbürgermeister, seit 25. Januar 2002 (für hervorragende und beispiellose Verdienste) Lieselotte Tansey (Trägerin der Ehrenmedaille der Stadt und des Niedersächsischen Verdienstordens), seit 19. August 2009 (für soziales und kulturelles Engagement und hervorragende Verdienste). (Hermann von Rautenkranz († 1973) und Lieselotte Tansey-von-Rautenkranz (1920 - † 2016) waren Vater und Tochter). Robert Simon (* 1946), seit 2015 (erfolgreiche langjährige Zusammenarbeit zwischen Ehrenamt und öffentlichem Träger)

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