Seife made in Celle: So wird das Naturprodukt hergestellt

Jetzt bloß nicht unaufmerksam sein. Beim Hantieren mit der hochätzenden Lauge darf kein Fehler passieren. „Ohne Handschuhe und Gesichtsmaske geht das gar nicht“, sagt Marcel Rieder, kurz bevor er das pulvrige Natriumhydroxid mit kaltem Wasser vermischt. „Wenn man da den Finger reinhält, bleibt vermutlich nicht viel Finger übrig.“ Naturseife made in Celle: Was hochgefährlich und irgendwie nach professionellem Chemielabor klingt, hat einen harmlosen Hintergrund. Das ätzende Gemisch ist nämlich die Grundlage der Naturseife, die Rieder in seiner selbst ernannten Hexenküche in der Celler Altstadt regelmäßig herstellt. Das fertige Ergebnis verkauft er in seinem Laden „Grün und Wertvoll“ am Markt. „Unsere Celle-Spezialitäten sind die Heide-Seife und die Heide-Honig-Seife“, erzählt er. Die Rezepturen denkt er sich selbst aus. „Ich feile da schon lange dran. Der Geruch muss passen, der pH-Wert, die Konsistenz, das Timing.“ Celler Seife hat Ursprung auf Borkum: Seinen Ursprung hat die Celler Seife gewissermaßen gar nicht in Celle, sondern auf einer ostfriesischen Insel. „Wir haben auf Borkum damit angefangen“, sagt Rieder, der eigentlich gelernter Hotelbetriebswirt ist. Seine Frau Anja verspürte irgendwann den Wunsch, sich selbstständig zu machen. „Gegen jede Vernunft und gegen jegliche Ratschläge haben wir dann ein kleines Geschäft für Pflegeprodukte aus natürlichen Inhaltsstoffen eröffnet. Irgendwann kam dann die Idee auf, selber Seife herzustellen und zu verkaufen. Und so bin ich dann irgendwie mit eingestiegen.“ Geschäft in Altstadt während Corona-Lockdown aufgehübscht: Als die gemeinsame Tochter dann älter wurde und die Einschulung bevorstand, beschlossen die Eltern, der Insel den Rücken zu kehren und einen Neuanfang zu starten. „Wir wollten ihr mehr Input bieten und außerdem war das Inselleben im Sommer zwar wunderschön, aber im Winter auch wirklich hart und einsam.“ Gelandet sind sie 2019 schließlich in Celle, und schnell stand fest: Was auf Borkum funktioniert, könnte auch hier klappen. „Zufällig haben wir dieses Geschäft gefunden und es während des ersten Lockdowns aufgehübscht.“ Den Laden auf der Insel gibt es weiter. „Nur wird die Borkumer Seife nun ebenfalls in Celle produziert.“ So wird das Naturprodukt hergestellt: Doch wie wird denn nun aus der ätzenden Lauge Celler Naturseife? „Wenn die Lauge fertig ist, werden die geschmolzenen Fette langsam hineingegossen und ausgiebig mit einem Mixstab gerührt“, erklärt der Fachmann. „Nach einiger Zeit wird die Mischung dicker, ich sage immer irgendwo zwischen Vanillesoße und Vanillepudding ist die Konsistenz perfekt. Anschließend werden alle benötigten Zutaten wie Honig, Kräuter, ätherische Öle und Farbstoffe hinzugegeben.“ Der sogenannte Seifenleim wird dann in eine mit Backpapier ausgelegte Form gefüllt und muss dann rund vier Wochen ruhen und trocknen. In dieser Zeit verändert sich dann auch der pH-Wert und somit werden die ätzenden Inhaltsstoffe hautverträglich. Kokos- und Palmfett sollen durch regionale Produkte ersetzt werden: Damit die Seife möglichst fest wird, verwendet Rieder am liebsten Kokos- und Palmfett. Doch das wird zusehends problematisch. „Das sind keine heimischen Fette und die Preise dafür explodieren gerade“, sagt er. „Ich bin deswegen schon am Experimentieren, wie ich ein ähnliches Ergebnis mit regionalen Fetten erreichen kann. Am einfachsten wäre es, mich an der ursprünglichen Seifenproduktion zu orientieren.“ Damals hat man Schlachtabfälle wie Talg verwendet. „Eigentlich die nachhaltigste Möglichkeit, aber in der heutigen Zeit, in der immer mehr Menschen vegan leben, eben leider auch keine echte Alternative mehr.“