Der Zug in die Heimat scheint es nicht eilig zu haben. Von Celle rollt er gen Süden, das Ziel der Reisenden: Italien. Ihnen kann es nicht schnell genug gehen, doch scheinbar macht der Zug an jeder Haltestelle Pause, rollt langsam durch die Landschaft. Durch die triste, unendliche und graue Landschaft. So zumindest empfanden es die Gefangenen, die im Celle Lager bei Scheuen vier Jahre lang ihr Dasein fristen mussten.
Die Ausstellung „Hinter Stacheldraht“ des Celler Bomann-Museums beschäftigt sich mit dieser dunklen Episode der Geschichte. Filmemacher Manfred Bannenberg hat vier Jahre lang die Recherchearbeiten zur Ausstellung begleitet und gefilmt. Dokumentarisch zeigt er darin den Alltag der Gefangenen, lässt Hinterbliebene zu Wort kommen und geht vor Ort auf Spurensuche.
Viel ist vom einstigen Lager nicht geblieben, genauer gesagt gar nichts mehr. Lediglich auf Luftbildern kann man auf dem Flugplatz in Scheuen noch Grundrisse der Baracken erkennen. Der Friedhof von einst ist heute nur noch ein kleiner Park, sollte in den 1980er Jahren sogar dem Wohnungsbau weichen. Die Kreuze und Gedenksteine von damals sind verschwunden, und selbst trotz intensiver Recherchen ist nicht bekannt, wann genau der Friedhof eingeebnet wurde. Auch über den Verbleib der Gedenksteine ist nichts bekannt. Schüler des Lachendorfer Gymnasiums haben es sich zur Aufgabe gemacht, wenigstens durch eine Gedenktafel daran zu erinnern, was sich einst an dieser Stelle befand. Auch sie hat Bannenberg mit seinem Film begleitet. Ebenso Hilke Langhammer, die die Ausstellung federführend konzipiert hat und sich sogar in Italien auf Spurensuche begab.
Gestoßen ist man dabei unter anderem auf das Erbe eines Gefangenen, das einzigartige Einblicke in den Alltag liefert. Es wird klar: Für die Gefangenen war die Zeit in Celle vor allem von Langeweile geprägt. Sie beschäftigten sich daher, so gut es ging, schrieben Gedichte und Tagebücher, malten und komponierten sogar. Diese Aufzeichnungen, im Film teilweise von Angehörigen vorgetragen, vermitteln eindrucksvoll einen Eindruck von der damaligen Zeit. Im vollbesetzten Kino des Bomann-Museums hatte der Film am Donnerstag seine Welturaufführung und berührte und begeisterte gleichermaßen.
Von Birgit Stephani