Radfahren in Celle: "Todesstreifen" für Radfahrer?

Der Plan ist gut, im Detail regt sich aber immer wieder Kritik. Seit Oberbürgermeister Jörg Nigge (CDU) vor drei Jahren eine Fahrrad-Offensive für Celle ausgerufen hat, hat sich viel für Radler verbessert. Die Umsetzung einiger Projekte führt jedoch zu Verschlechterungen, wie beim Radweg hinter Kasernenmauern an der Hohen Wende, oder erhöht sogar die Gefahr für schwere Unfälle. Aktuelles Beispiel: Die Umgestaltung des Kreuzungsbereiches Hannoversche Straße/Jägerstraße/Sägemühlenstraße. VCD spricht von "Todesstreifen": Celles Fahrradorganisationen laufen Sturm gegen die neue Verkehrsführung, die derzeit markiert wird. Im Mittelpunkt der Kritik stehen die Radfahrstreifen in Mittellage (RiM), auf denen Radfahrer auf der Jägerstraße und Sägemühlenstraße zwischen den Spuren für die Kraftfahrzeuge fahren können. Der Celler Verkehrsclub Deutschland (VCD) spricht angesichts von tödlichen Unfällen in anderen Städten von "Todesstreifen". Stadt nimmt Anregungen von Radfahrern nicht auf: "Die Planungen zum Farbauftrag wurden Anfang dieses Jahres der AG Fahr Rad vorgestellt und diskutiert. Heftiger Widerstand zu den vorgelegten Plänen zum Kreuzungsumbau regte sich beim ADFC, beim VCD und anderen Teilnehmern der AG Fahr Rad. Insbesondere ging es um die rot gefärbten 'Todesstreifen' (offiziell: Radfahrstreifen in Mittellage)", so Martina Sonnenberg-Ackemann vom VCD. Die Planer der Stadtverwaltung hätten allerdings auf ihrem Konzept beharrt. "Änderungsvorschläge waren gewünscht, wurden aber nicht berücksichtigt. Damit wird die Sitzung der AG Fahr Rad zu einer Alibi-Veranstaltung", so Sonnenberg-Ackemann. ADFC strikt gegen Radfahrstreifen in Mittellage: Auch Wilhelm Eggers vom Celler ADFC hat kein Verständnis für die Planungen: "Der ADFC Celle hat bei einem Treffen mit Stadtbaurat Kinder seine Bedenken in Bezug auf die RiMs vorgetragen. Wir befürchten, dass die auf der Fahrbahn der Kreuzung wartenden, indirekt links abbiegenden Radfahrenden von abbiegenden Bussen und Lkws bedrängt werden, ganz zu schweigen von Fahrrädern mit (Kinder-)Anhängern oder Lastenrädern", sagt Eggers und fügt hinzu: "Wir betonen ausdrücklich, dass der ADFC Bundesverband sowohl Fahrradweichen als auch Radfahrstreifen in Mittellage (RiM) grundsätzlich ablehnt." Fahrspur in Radfahrstreifen umwandeln: Dabei könnte es nach Meinung des Celler Verkehrsclubs Deutschland so einfach sein. "Aus der Sägemühlenstraße oder der Jägerstraße kommend wird jeweils einer von vier Fahrstreifen für den motorisierten Verkehr in einen ausreichend breiten Radfahrstreifen am rechten Fahrbahnrand umgewandelt. Damit werden Radfahrende sicher geführt und für Pkw und Lkw bleiben immer noch drei Fahrbahnen", so Stahl. Doch sein Vorschlag fand bei den Verkehrsplanern der Stadt kein Gehör. Studie: Mehr schwere Unfälle mit Radfahrern: Gestützt wird die Kritik durch eine Studie der TU Berlin aus dem Jahr 2019. Darin wird festgestellt: "Die Untersuchungen zeigen, dass RiM nicht generell positive Sicherheitseffekte erzeugen. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden ist nach RiM-Markierung zwar geringfügig geringer (Rückgang um 7,6 Prozent), der Anteil schwerer Unfälle hingegen ist im Zeitraum nach der Markierung von RiM jedoch deutlich höher. Mehr als jeder fünfte Unfall zieht dabei schweren Personenschaden nach sich." Radfahrer äußern auch Lob: Immerhin hat Claus Stahl vom VCD auch positive Veränderungen bemerkt. "An den Übergängen vom Radweg auf die Fahrbahn wurde darauf verzichtet, taktile Rampen einzubringen. Diese sind für sehbehinderte Fußgehende gedacht, aber an den Radfurten unnötig und an vielen anderen Kreuzungen im Stadtgebiet ein tägliches Ärgernis für Radfahrende", so Stahl. Und: Bei der Querung der Kreuzung müssen die Radfahrer keine Schlenker mehr fahren. Manches wird halt doch besser.