Haesler-Erbe bröckelt: Stadt Celle hatte Abriss-"Katastrophe" genehmigt

"Wer hat das denn genehmigt?" Das fragen sich die Architektur-Fans der Otto-Haesler-Initiative (OHI), die es kaum fassen können, dass das vom dem Bauhaus nahestehenden Architekten Otto Haesler 1924 gebaute und denkmalgeschützte Gebäude an der Speicherstraße 25 abgerissen wird. Nachdem das Land am Montag kurzfristig einen Stopp des Abbruchs der ehemaligen Wachswarenfabrik Schmidt angeordnet hatte, teilt die Stadt Celle jetzt mit: Sie war das. Sie hatte das genehmigt, was die OHI als eine "Katastrophe für Celle" bezeichnet. Fundamente zu schlecht: Haesler, der Pfuscher? "Die Untere Denkmalbehörde der Stadt Celle hat dem Antrag des Eigentümers auf Abriss des Gebäudes Speicherstraße 25 stattgegeben", so die städtische Pressesprecherin Myriam Meißner. Das von Haesler umgebaute Lagergebäude sei schon beim Vorgängerbau ohne ausreichend tragfähige Fundamente auf ebenso nicht ausreichend tragfähigem Baugrund errichtet worden. "Haesler hat dieses leider nicht grundlegend verändert. Die Folge sind dauerhafte und grundlegende Probleme hinsichtlich der Standfestigkeit und -sicherheit", so Meißner. Erkennbar sei das anhand starker Rissbildungen und Gebäudesetzungen. Verstärkt worden seien diese Probleme noch durch Feuchtigkeitsschäden durch die nahegelegene Aller, so dass aus Sicherheitsgründen eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen worden sei: "Nach Auffassung von Fachleuten wäre diese Problemlage nur durch eine komplett neue Gründung unter Abriss des Gebäudes zu beheben gewesen. Dann wäre das Denkmal allerdings ebenfalls nicht mehr existent gewesen." Land prüft, Stadt will nichts mehr dazu sagen: Die Stadt Celle habe eine umfangreiche prüffähige Dokumentation des Bestandsgebäudes gefordert, so Meißner: "Gemäß der Vorgabe des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, wurden die Arbeiten jetzt bis auf Weiteres gestoppt. Das Land Niedersachsen als Oberste Denkmalbehörde hat die Verfahrensunterlagen zur Einsicht angefordert." Im Zuge dieser laufenden Prüfung werde sich die Stadt Celle nicht weiter zur Sachlage äußern. Otto-Haesler-Initiative sieht sich getäuscht: "Wir sind enttäuscht, dass das gute Verhältnis zu den städtischen Behörden in Sachen Haesler-Bauten durch solch eine Verheimlichung von Tatsachen getrübt wird", so OHI-Vorstandsmitglied Carsten Maehnert: "Die Argumentation für die Abrissgenehmigung überrascht, ist doch niemals vorher von solchen, angeblich gravierenden baulichen Mängeln die Rede gewesen. Die Rede war nur davon, dass der jetzige Eigentümer mit dem Gebäude nichts anfangen kann." Die OHI hoffe, dass die Untersuchungen der Landesbehörde kläre, wie es zu solch einer Genehmigung durch die Stadt kommen konnte: "Wir erinnern daran, dass es schon beim Auswechseln der Balkons bei den Haeslerbauten an der Schackstraße im Herbst 2020 zu einer im Sinne der Denkmalpflege unmöglichen städtischen Entscheidung gekommen ist." Im Übrigen zeige das Beispiel der ehemaligen Berkefeldfabrik an der Wittinger Straße, dass man alte Fabrikgebäude sehr wohl in eine Wohnbebauung integrieren könne, so Maehnert: "Es gilt jetzt, den Bestand des Gebäudes in der Speicherstraße zu sichern, schon abtransportierte Teile zurückzuholen und das Bauwerk wieder in seinen alten Zustand denkmalgerecht zurückzubauen." CTM wirbt mit Celles Haesler-Erbe: Derweil wirbt die Celle Tourismus und Marketing GmbH (CTM) mit dem Haesler-Erbe. CTM-Geschäftsführer Klaus Lohmann freut sich nach dem touristischen Erfolg des Bauhaus-Jahres 2019 für Celle über die jetzt aufpolierte Internetseite zum Werk des Architekten, das Touristen anlocken soll: „Auch wenn der Medienhype des Jahres 2019 anlässlich des 100-jährigen Bauhaus-Jubiläums vorbei ist, das Thema Bauhaus ist für uns in Celle ein Dauerbrenner und Teil unserer DNA." Die Aktualisierung der Website www.neuesbauen-celle.de sei der Beitrag der CTM, das Erbe Otto Haeslers zu bewahren und sowohl modern als auch animiert darzustellen, so Lohmann: "Sie soll Lust auf mehr und einen Besuch in Celle machen. Die Erfindungen von Haesler und seine Entwicklung – quasi von der Putte zur Platte – können gar nicht genug gewürdigt werden."