FFF-Faktencheck : "Wandel bei Celler Bohrindustrie schon im Gange"

Nicht nur in Deutschlands Kohleregionen wird derzeit über einen Strukturwandel diskutiert. Auch hier in Celle verfolgt die Ortsgruppe von Fridays for Future das Thema. Malin Höppner sagt: "Wir fordern den Strukturwandel von der Erdöl- und Bohrindustrie hin zu einer Industrie, die sich auf klimafreundliche Technologien konzentriert." Zudem soll sich die Wirtschaftsförderung bemühen, vor allem nachhaltige Unternehmen anzusiedeln. Wolfgang Genannt, Vorstand von Geo-Energy, stellt fest: "Der Strukturwandel ist schon seit einigen Jahren im Gang." Der fallende Ölpreis, erhöhte Auflagen beim Fracking und internationale Boykotte hätten der Zulieferindustrie zu schaffen gemacht. "Ich schätze, dass uns bis zu 3000 Mitarbeiter in ganz Niedersachsen verloren gegangen sind", so Genannt. Doch inzwischen habe sich die Bohr-Branche wieder davon erholt. "Geothermie ist aus unserer Sicht die beste Lösung für die Zukunft", erklärt Genannt. "Der Vorteil ist, dass Geothermie Tag und Nacht zur Verfügung steht. Auch wenn die Sonne nicht scheint oder kein Wind weht. Zudem verursacht sie kein CO2." Überwiegend in Süddeutschland gebe es schon einige Aktivitäten in Sachen Geothermie. Das Celler Unternehmen Hartmann Valves lieferte für ein neues Geothermiekraftwerk in die bayrische Landeshauptstadt vier Bohrlochköpfe. Celler Firma mit Großauftrag in München: Bis zum Jahr 2040 soll München die erste deutsche Großstadt werden, in der Fernwärme zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien, vor allem Geothermie, gewonnen wird. "Doch die neuen Aktivitäten bei der Geothermie kompensieren nicht unseren Verlust an Fachkräften, den wir hinter uns haben", betont der Vorstand von GeoEnergy. "In Niedersachsen lässt sich die Landesregierung nicht darauf ein, mehr Anreize für Geothermie zu setzen." Vor etwa zwei Jahren entschieden sich die Investoren für die Wohnbebauung auf der Allerinsel gegen eine Energieversorgung mit Erdwärme, weil sie eine Nahwärmelösung mit einem Blockheizkraftwerk aus Kostengründen bevorzugten. Und auch das angedachte Geothermie-Vorzeigeprojekt in der Heese liegt auf Eis. Der Grund: Die Wahrscheinlichkeit, bei Bohrungen auf Thermalwasser-Gesteinsschichten zu treffen, die für die Versorgung des abgesteckten Quartiers ausreichen, ist zu gering. An der Windmühlenstraße modernisierte die WBG 45 Wohneinheiten von Grund auf und baute 21 weitere Wohnungen. Alle 66 Wohneinheiten werden über zwei zentrale geothermische Heizungsanlagen beheizt und mit Warmwasser versorgt werden. Die Erfahrungen will die WBG in weitere Projekte einfließen lassen. Mehr als 11.000 Jobs direkt und indirekt mit Bohrindustrie verwoben: Die Agentur für Arbeit geht davon aus, dass im Landkreis Celle 10.000 bis 11.000 Beschäftigte zur Bohrbranche gehören. Agentursprecher Benjamin Bauch sagt: "Mittelbar sind es weit mehr Beschäftigte, da umfangreiche Zulieferleistungen und Veredelungen und weitere Dienstleistungen ebenfalls im Celler Umland erbracht werden." Während der Krisenjahre haben sich die entlassenen Mitarbeiter nicht bei der Agentur für Arbeit vorgestellt. Vermutlich weil sie schnell einen anderen gleichwertigen Job gefunden haben, umgezogen oder in Ruhestand gegangen sind. Erneuerbare Energien spielen im Landkreis Celle ebenfalls eine Rolle. "Unmittelbar sind zirka 30 Betriebe der Erzeugung und Installation erneuerbarer Energien zuzuordnen", erläutert Bauch. "Diesen gehören etwa 700 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte an." Mit den Dienstleistungen rund um erneuerbare Energien sind es mittelbar weitaus mehr Firmen und Beschäftigte, die eine Rolle spielen. Die Beschäftigtenzahlen und gemeldete Stellenangebote sprechen hier für einen Aufwärtstrend in der Branche.

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