Celler Turmbläser Helmut Lorchheim ist mit 68 Jahren gestorben

220 Stufen sind es bis auf den Turm der Celler Stadtkirche, den Helmut Lorchheim fast 30 Jahre lang seinen Arbeitsplatz nennen konnte. Zweimal am Tag erklomm er mit seiner Trompete die Treppe, um oben an die Brüstung zu treten und ein Lied in alle vier Himmelsrichtungen zu spielen. 50 Meter unter ihm lauschten Celler Passanten, Händler und Touristen seiner Musik. Im Jahr 2014 übernahm sein Sohn Maik diese Aufgabe. Am 8. April ist Helmut Lorchheim verstorben. Er wurde 68 Jahre alt. „Es gehörte viel Idealismus dazu“, sagt seine Frau Siegrid über die Tätigkeit als Turmbläser. Er erhielt eine Aufwandsentschädigung, hauptberuflich war er in der Celler Stadtverwaltung tätig – zunächst in der Überwachung des ruhenden Verkehrs und dann, bis zu seinem Ruhestand, bei der Straßenreinigung. Zahlreiche alte Fotos zeigen Lorchheim beim Spiel auf dem Turm, mal in Alltagskleidung, mal im traditionellen Gewand der europäischen Nachtwächter- und Türmerzunft. Auf einer der Aufnahmen aus dem Jahr 1985 ist er in seiner Arbeitshose zu sehen. „So war er meistens“, erinnert sich seine Frau, „er kam von der Arbeit und ist direkt auf den Turm gestiegen.“ 2014 gab Helmut Lorchheim sein Amt ab: Die Lieder, die er spielte, stammten aus den Gesangbüchern der Kirche. „Aber er hat auch ab und zu Wünsche erfüllt“, erzählt Siegrid Lorchheim, „und wenn gerade ein frisch verheiratetes Paar aus der Kirche kam, hat er auch mal einen Hochzeitsmarsch gespielt.“ „Mein Vater hat mich schon mit drei Jahren mit auf den Turm genommen“, erinnert sich Maik Lorchheim. Und auch seine Brüder erklommen bereits im jungen Alter die 220 Stufen. „Während meiner Schulzeit habe ich ihn schon ein paar Mal vertreten.“ Als Helmut Lorchheim 2014 das Amt des Turmbläsers abgab, kam die Kirche auf seinen Sohn zu. Seitdem spielt er jeden Tag nach der Arbeit die Kirchenlieder in vier Himmelsrichtungen. „Er wird vermisst werden“ „Er war ein toller Vater“, sagt Maik Lorchheim. Von ihrem Vater lernten er und seine Brüder Marvin, Thilo und Joris, Trompete zu spielen, „wir waren alle im Posaunenchor in Groß Hehlen und haben gemeinsam geübt und gespielt. Und er hat uns mit auf den Fußballplatz genommen. Wir hatten viel Spaß zusammen.“ Mit kleinen Späßen belustigte er nicht nur seine Familie, sondern gelegentlich auch seine Zuhörer. „Einmal hat er ‚Einer geht noch rein‘ gespielt, als er gerade vom Fußball kam“, erinnert sich seine Frau. Ehrenamtlich hat Helmut Lorchheim viel Zeit auf dem Fußballplatz verbracht: Als Spieler, Trainer, Schiedsrichter und Zuschauer. „Angefangen hat er beim MTV“, erzählt Siegrid Lorchheim, dort trainierte er auch die 1. Herren. Später wechselte er zum ESV Fortuna Celle. „Auch dann hat er noch beim MTV angefeuert.“ „Er wird vermisst werden“, das steht für die 60-Jährige fest, ob von den Menschen, die ihn vom Fußballplatz kannten, oder von denjenigen, die am Fuße des Kirchturms seiner Musik gelauscht haben – am meisten aber von seiner Familie.