Celler Bieneninstitut: Werner von der Ohe geht nach 40 Jahren in Ruhestand

Was er da tut? Werner von der Ohe beobachtet sich selbst dabei – so wie er schon so oft Vorgänge beobachtet hat. Bei diesem hier weiß er, was er bedeutet: Abschied und Aufbruch. Von der Ohe räumt das Bücherregal in seinem Büro im Celler Institut für Bienenkunde aus. Die Publikationen kennt er in- und auswendig, an vielen von ihnen hat er selbst mitgewirkt. "Ich liebe dieses Institut", sagt der Mann, der hier vier Jahrzehnte lang gewirkt hat. Diesen Ort muss er nun verlassen. Wenn es nach ihm ginge, würde er hier noch weitere 40 Jahre forschen und lehren. Geht aber nicht: Professor Dr. Werner von der Ohe geht in den Ruhestand. Werner von der Ohe gilt als Bienenexperte von Weltrang: Der 65-Jährige gilt als einer der weltweit bedeutendsten Experten für Bienen und hat das Institut als dessen Leiter maßgeblich geprägt und zu einem einzigartigen Kompetenzzentrum für alle Belange der Bienenhaltung und angrenzender Bereiche wie Umweltmonitoring, Pflanzenschutz sowie Landwirtschaft weiterentwickelt. Von der Ohe, der aus dem Landkreis Uelzen stammt, hat in Hannover Biologie, Geografie und Philosophie studiert. In Celle hat er 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter angefangen, wurde 1990 Laborleiter und übernahm 2000 die Institutsleitung. 2018 wurde er von der Tierärztlichen Hochschule in Hannover nach 14 Jahren Lehrtätigkeit zum Honorarprofessor ernannt. Zu den Bienen ist er als Junge über seinen Onkel gekommen: "Der war Imker, hat mich eingespannt – und der konnte so wunderbar erklären." Immer neue Fragen stellen: Dinge so zu beschreiben und zu erklären, dass man sie versteht, und immer neue Fragen zu stellen – das war immer das Ziel von von der Ohe. Die Expertise des Biologen ist weit über Deutschlands Grenzen hinaus gefragt. Er war viele Jahre Vorsitzender in der „International Honey Commission“, brachte unter anderem nationale und internationale Fachleute zu Kongressen zusammen, wie beispielsweise 2002 und 2004 in Celle. Experten aus mehr als 30 Nationen kamen in die Herzogstadt. Keiner weiß mehr über Honig als Werner von der Ohe: Kaum jemand auf der Welt weiß mehr über Honig als Werner von der Ohe. "Die Entstehung von Honig und seine Eigenschaften sind absolut faszinierend", sagt der Forscher, dessen Team mitgeholfen hat, Honig-Untersuchungsmethoden weltweit zu standardisieren. Das Celler Institut werde auch von Verbraucherschutz- und Zollbehörden gern genutzt, wenn es darum gehe, die Herkunft und Qualität von Honig aus fernen Ländern zu bestimmen. Celler Experten könnten so ziemlich jedes Pollenkorn identifizieren und hätten so auch schon mitgeholfen, Kriminalfälle zu lösen. Ganzheitlicher Ansatz in der Forschung: Die Optimierung der Bienengesundheit auf der Basis neuer Erkenntnisse in den Bereichen Biologie, Genetik und die Ökologie von Bienenvölkern ist eine Herzensangelegenheit von der Ohes: "Ich bin kein Esoteriker, aber wir brauchen da einen noch stärkeren ganzheitlichen Ansatz. Ein wichtiges Ziel sollte für die Zukunft sein, dass die Nahrungsgrundlage für Bienen deutlich verbessert wird. Große Herausforderungen wie Insekten- und Biodiversitätsschutz werden sich nur durch interdisziplinäre Kooperationen lösen lassen.“ Kirsten S. Traynor: Neue Chefin kommt aus den USA: Daran wird sich seine Nachfolgerin machen. Die amerikanische Biologin und Bienenexpertin Kirsten S. Traynor aus Phoenix/Arizona wird in Kürze ihre Bücher im Chefinnen-Büro des Celler Bieneninstituts einräumen. Viele weitere Türen öffnen: Das Forschen und Streben nach Erkenntnissen wird Werner von der Ohe auch im Ruhestand schwerlich lassen: "Ich werde weiterhin an der Tierärztlichen Hochschule Vorlesungen halten. Und überhaupt: Es gibt noch so viele Türen, bei denen ich bisher nur durchs Schlüsselloch geguckt habe – ich freue mich darauf, durch diese Türen zu schreiten." Dabei sind ihm die Grenzen menschlicher Erkenntnis bewusst: "Vielleicht ist es wirklich so, wie Platon es gesagt hat, dass wir nur die Schatten dessen sehen, was tatsächlich um uns herum vor sich geht."