Mit einem emotional geprägten Konzert begeisterte das Bach-Collegium Hannover die zahlreichen Zuhörer in der Celler Stadtkirche. Das 17-köpfige Ensemble ließ Bachs Musik ungebremst strömen, die Worte, aus denen heraus sie geschaffen ist, gleichsam schwerelos mit sich tragend, und machte so die innere Vorgänge und Affekte hörbar. Sei es in der weltlichen „Kaffee-Kantate“, einer amüsanten Minioper von heiterer, karikierender Milieuschilderung, sei es bei der Motette „Singet dem Herrn“ mit ihren virtuosen Koloraturen oder bei der Kurzmesse in A-Dur mit ihren vom Chor umrahmten „Gloria“-Arien – die Vorträge wurden zum ungetrübten Genuss.
Mit authentischen Instrumenten gaben sie der historischen Aufführungspraxis zudem den erforderlichen Gestaltungsrahmen, in den sich der gravitätisch volltönende Gesang wie von selbst hineinschmiegte.
Die acht Vokalisten bewiesen aber auch ein hohes Maß an Gespür für die nötige Freiheit innerhalb der Grenzen der barocken Form. Mit dynamischem Auf- und Abschwellen ließen sie die Noten pulsieren. Sowohl solistisch als auch im Chor sorgten sie für anhaltende Spannung und eine gestalterische Flexibilität, die dem emphatischen Charakter der Werke entsprach. Selbst im mehrstimmigen Gesang verschwammen die geschliffenen Koloraturen und malerischen Verzierungen nicht. Und die glänzend aufgelegten Instrumentalisten bewiesen, dass ein reduziertes Orchester keineswegs reduzierte Inspiration bedeuten muss. Im Gegenteil. Wie das Tüpfelchen auf dem i war die Begleitung weit mehr als nur ein mitlaufender Part. Gekonnt unterstützten Streicher, Bläser und Basso continuo die Balance zwischen klangsinnlicher Prachtentfaltung des Chores und der Solostimmen. So entwickelte sich ein herrliches, kurzweiliges Geben und Nehmen zwischen solistischen Einsätzen (Flöte, Violine) und Ensemblespiel, ein unendlich vielstimmiges Schwingen, das den Zuhörer fesselte und unaufhaltsam in seinen Bann zog.
Von Rolf-Dieter Diehl